Im "Standpunkt German Mittelstand" äußert sich das Team um Ralf Meinerzag (CIO des STEUBING GERMAN MITTELSTAND FUND I) regelmäßig zum Markt für Mittelstandsanleihen und Fragen der Finanzierung von kleinen und mittleren Unternehmen. In dieser Ausgabe setzen wir uns mit der Frage auseinander ob die Kapitalmarktorientierung des Mittelstands durch die zahlreichen Insolvenzen mittelständischer Unternehmen in diesem Segment abgenommen hat, gar gute Mittelständler den Markt meiden.
Das Sommerloch ist da. Gespannt warten Investoren auf September, dann werden die ersten Neuemissionen am Markt der Mittelstandsanleihen erwartet. Das Bild des ersten Halbjahres zeigte das Umdenken aller Marktteilnehmer - das Segment wird erwachsen. Die steigende Professionalisierung des Marktes gibt Hoffnung auf wenige, jedoch erstklassige Neuemissionen. Das mittelständische Geschäftsklima ist laut KfW-ifo-Mittelstandsbarometer im Juli ist trotz der jüngsten Eskalation der globalen Spannungen in langfristiger Perspektive überdurchschnittlich gut. Doch sind mittelständische Unternehmen angesichts der Neuemission einer Anleihe zaghafter geworden? Durch die zahlreichen negativen Schlagzeilen in diesem Segment abgeschreckt oder meiden sogar das Segment aus Angst vor einem Reputationsverlust?
Klar ist, der klassische Bankkredit hat heute in Deutschland keine Monopolstellung mehr. Viele mittelständische Unternehmen suchen bei Finanzierungsfragen neue Wege. Die Unternehmensfinanzierung hat sich hier von den zwei Säulen Bankkredit und Eigenkapital hin zur dritten Säule Fremdkapital über Kapitalmarktanleihen entwickelt. Aber das Segment stand die letzten Monate stark unter Beschuss, zahlreiche Insolvenzen, Meldungen negativer Geschäftsergebnisse und Ratingabstufungen waren immer wieder in den Medien präsent. Zu Recht wird durch die Medien auf die negativen Beispiele hingewiesen. So ist die Verunsicherung groß. Nicht nur die Verunsicherung seitens der Investoren, die eigentlich durch ordentliche Kommunikation gepaart mit Sicherheiten und einem klugen sowie bewährtem Geschäftsmodell beruhigt werden können. Vielmehr macht sich mittlerweile auch eine gewisse Verunsicherung auf Seiten der möglichen Emittenten breit. Einerseits ist es sehr interessant für Mittelständler sich von den Banken zumindest begrenzt abzukoppeln, andererseits riskiert man vielleicht auch seinen guten Ruf. "Viele Unternehmen gehen momentan doch lieber zu ihrer Hausbank und versuchen einen Kredit zu bekommen, auch wenn die Konditionen nicht wirklich optimal sind. Das Risiko bei Bekanntgabe einer Emission in einen kommunikativen Abwärtsstrudel gezogen zu werden, der sich nicht mehr steuern lässt, bereitet manchem Unternehmer starkes Unbehagen", erklärt Ralf Meinerzag. Es gibt aber auch viele positive Beispiele von erfolgreichen mittelständischen Unternehmen, die bereits am Mittelstandsmarkt aktiv sind, wie zum Beispiel Dürr, Porr, Helma oder Grand City Properties. "Auch Emittenten sollten die Plattform der Finanzierung über Mittelstandsanleihen nicht als Spekulantenhölle sehen. Die Emissionen, die wir heute am Markt für Mittelstandanleihen sehen, zeigen einen gestiegenen Grad der Professionalisierung, der noch weiter zunehmen wird", führt Ralf Meinerzag weiter aus.
Beobachtet man erfolgreiche Mittelständer am Kapitalmarkt, wird ersichtlich, dass gefestigte Unternehmen, die bereits vor der Emission entsprechende bondspezifische Kennzahlen verfügen, auch erfolgreicher am Kapitalmarkt agieren. Zudem spielt neben dem Timing auch die Auswahl der richtigen Partner (Emissionsbegleiter, Kommunikationsagentur) eine entscheidende Rolle. Durch die Emission einer Anleihe erhalten mittelständische Unternehmen eine höhere öffentliche Aufmerksamkeit und sollten sich darüber zuvor im Klaren sein: Kriterien wie Transparenz, Reporting, Kommunikation und Finanzkennzahlen spielen eine besondere Rolle. Mittelständische Unternehmen, die sich der Bedeutung der Transparenz gegenüber Investoren bewusst sind, verfügen über eine entsprechend aufgestellte IR-Abteilung, Zumeist haben solche Unternehmen auch geringere Kursschwankungen bei ihrer emittierten Anleihe. "Mittelständische Unternehmen sollten den Weg an den Kapitalmarkt nicht scheuen, gute Unternehmen setzen sich auch dort durch. Unternehmen, die über ein bewährtes Geschäftsmodell, eine entsprechende Eigenkapitalausstattung aufweisen und über gute Cash-Flow bezogene Kennzahlen verfügen, können auch trotz der aktuellen Kritik im Segment der Mittelstandsanleihen erfolgreich agieren", ist sich Ralf Meinerzag sicher.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die geringere Emissionstätigkeit am Anleihemarkt für kleinere und mittlere Unternehmen zwei Gründe hat. Auf der einen Seite prüfen Investoren noch genauer, wofür sie ihr Geld einsetzen. Aber andererseits überlegen sich die Unternehmen momentan auch sehr gut, ob sie den Weg an den Kapitalmarkt im Sturm suchen - oder nicht erst einmal die schlechten Anleihen "aussitzen", um nicht fälschlicherweise weniger Geld über den Kapitalmarkt (zu einem sehr hohen Risikozinssatz) zu generieren. Gute emissionsbegleitende Banken sind in diesen Zeiten als Intermediäre wichtig.
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