Die Saxony Minerals & Exploration – SME AG will, dass ihre Anleiheinhaber weitreichende Konzessionen machen. Davor kann nur gewarnt werden – ein kurzes Berggeschrei!
SME hat die Inhaber der Anleihe 2019/2025 (WKN A2YN7A, ISIN DE000A2YN7A3) mit einem derzeit ausstehenden Nominalwert von 7,171 Mio. Euro gebeten, am 24.11.2025 u.a. die Laufzeit um vier Jahre zu verlängern, die fortlaufenden Zinsen endfällig zu stellen und einen Gemeinsamen Vertreter mit erheblichen Ermächtigungen zu wählen. Im Gegenzug sollen die Anleiheinhaber ein Optionsrecht mit Vorzugskonditionen zur Wandelung des Rückzahlungs- und Zinsanspruchs in Aktien erhalten. Schaut man sich die Zustände bei der SME näher an, kann den Anleiheinhabern nur davon abgeraten werden, diesen Vorschlägen zu folgen.
Die SME plant den industriellen Abbau von Rohstoffen im Erzgebirge, v.a. Wolfram und Flussspat. Bedingt durch übermäßig lange Verwaltungsverfahren für die bergrechtliche Planfeststellung konnten für 2024 erwartete Umsatzerlöse i.H.v. 30 Mio. Euro nicht erzielt werden, sodass im Ergebnis die liquiden Mittel zur Rückzahlung der Anleihe einschließlich Zinsen fehlen. Zum 1.5.2025 hat die SME eine fällige Zahlung von 7,45 Mio. Euro zu leisten. So weit, so schlecht.
Hinzu tritt aber noch, dass bauliche Investitionen mitsamt zukünftigen operativen Kosten über insgesamt 74,83 Mio. Euro über die Ausgabe einer neuen Wandelschuldverschreibung und den Börsengang der SME finanziert werden sollen. Alles in allem: ein wahrlich finsterer Finanzierungstunnel. Denn der letzte publizierte Jahresabschluss der SME stammt aus dem Jahr 2022.
Nach meiner Einschätzung ist klar: Die Verzögerungen bei Planung und Genehmigung können nicht überraschend sein und müssen der Emittentin seit langem bekannt sein. Damit waren die Schwierigkeiten bei der Erzielung der geplanten Umsatzerlöse zur Tilgung der Anleihe frühzeitig absehbar. Warum aber lädt die SME dann jetzt erst zu einer Anleihegläubigerversammlung ein?
Noch kritischer aber sind die von der SME vorgeschlagenen Anleihegläubiger-Beschlüsse zu sehen. Zunächst: Warum werden von den erheblichen Zuflüssen aus Börsengang und weiterer Schuldverschreibung nicht Teilrückzahlungen und Zinszahlungen für die Anleihe eingeplant? Wie kommt die SME auf den vorgeschlagenen Wandlungspreis von 7 Euro pro Aktie? Bewertungen und die letzten Jahresabschlüsse – Fehlanzeige. Welchen Sanierungsbeitrag leisten die Gesellschafter – etwa keinen? Die Ermächtigungen des Gemeinsamen Vertreters sind viel zu weit: Er wäre sogar ermächtigt, nach eigenem Ermessen einen Kapitalschnitt auf Null durchzuführen mit einem Totalverlust für die Anleiheinhaber. Und schlussendlich: Das Risiko der Zahlungsunfähigkeit der SME in den kommenden Jahren ist keineswegs ausgeräumt. Schon die jetzige Anleihe wurde nicht vollständig platziert. Das lässt wenig Gutes befürchten für die Platzierung der neu zu begebenden Wandelschuldverschreibung. Also: Volles Risiko für die Anleiheinhaber - mitsamt Stoßgebet zur Schutzpatronin der Bergleute: O Heilige Barbara, hilf in der Not!
Ganz irdisch hingegen hat die SdK Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e.V. Gegenanträge veröffentlicht: Die SdK lehnt die Beschlussvorschläge der SME ab. Ein Gemeinsamer Vertreter soll gewählt werden, aber ohne die von der SME vorgesehenen Ermächtigungen, welche viel zu weitgehend seien. Die Anleiheinhaber blieben „Herr des Verfahrens“. Zwar begrüßt die SdK die Einräumung des Wandlungsrechts, moniert aber, dass keine Bewertungsunterlagen vorliegen und damit eine seriöse Bewertung des Wandlungspreises und des voraussichtlichen Börsenkurses der Anleihen unmöglich ist. Um im Bild zu bleiben: Anstatt im Dunklen mit voller Kraft blind weiter zu graben, will die SdK die Finanzwerk-Stollen der SME erst einmal stabilisieren und Licht hineinbringen. Anleiheinhaber sind gut beraten, den Gegenanträgen der SdK zuzustimmen, denn so könnte der Kompletteinsturz des Bergwerks noch verhindert werden.
Über den Autor:
Rechtsanwalt Dr. Marc Liebscher (Berlin) ist spezialisiert auf Kapitalmarktrecht und vertritt regelmäßig die Interessen von privaten und institutionellen Anleihegläubigern in Restrukturierungsfällen. Aktuell ist er zum Gemeinsamen Vertreter bestellt bei den Anleihen der Mologen, Schlote, Veganz, SoWiTec, Pentracor und getgoods.de. Dr. Liebscher ist Mitglied im Vorstand der SdK Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e.V., Lehrbeauftragter der Universität Potsdam für Bankrecht und Autor zahlreicher Fachveröffentlichungen. Der Deutsche Bundestag lädt ihn regelmäßig ein, als Sachverständiger Stellung zu nehmen zu kapitalmarktrechtlichen Gesetzgebungsvorhaben.
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