Die Sehnsucht vieler Anleger das vergangene Jahr möglichst schnell abzuhaken, ist groß. Was die fundamentalen Daten betrifft, war das Jahr mit rd. 4% Weltwirtschaftswachstum hervorragend. Hinzu kommt, dass Unternehmen in der Realwirtschaft oft Rekordgewinne, Rekordumsätze und niedrige Verschuldung ausweisen. Jedoch dominierten vor allem Ängste über atomare Verseuchung, Vertrauenskrise des Euro bis hin zur Infragestellung der Demokratie als zukunftsträchtige Staatsform. Natürlich profitierten alle Vermögensklassen, die als „sichere Häfen“ gelten, wie US- und Deutsche Staatanleihen (+12%) sowie Gold (+10%), wohingegen alles, was mit Risiko tituliert wurde verlor, gerechtfertigt oder nicht. Vor allem Europa hatte massive Kapitalabflüsse zu verzeichnen. Folgerichtig haben die Schwarzmaler und Krisenpropheten Hochkonjunktur, auch was die Ausblicke für 2012 betrifft.
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BOND YEARBOOK 2011/12 – das Nachschlagewerk für Anleiheinvestoren und Emittenten.
94 Seiten, 29 Euro
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Wir möchten bewusst einen Kontrapunkt setzen und einen Blick auf die Chancen des Jahres 2012 werfen. Eine Definition von Risiko lautet: Abweichung vom Erwartungswert. Viele vergessen, dass diese Abweichung auch nach oben erfolgen kann – das heißt dann Chance!
Strukturelle Chancen
Politische Veränderungen, wie die Wahlen in Frankreich, USA und Iran sowie der Wechsel der Regierungs-Chefs in China und Russland, könnten sowohl zu mehr ökonomisch sinnvollen Richtungswechseln, als auch zu einem Abflauen des, durch Wahlkampf bedingten politischen wie militärischen Säbelrasselns und somit insgesamt zu einer Beruhigung führen.
Europa rückt unter dem Druck der Krise viel enger zusammen als dies freiwillig möglich gewesen wäre. Die Weiterentwicklung eines gemeinsamen Europas braucht handlungsfähige und demokratisch legitimierte Institutionen und bekommt somit politisch eine Perspektive.
Bei der europäischen Schuldenkrise handelt es sich um ein so tiefgreifendes Ereignis, dass die Erfahrung daraus wohl Generationen von Politikern prägen wird. Ähnlich den Erfahrungen der Hyperinflation im Deutschland der 20er Jahre, die nach wie vor unsere Angst vor Inflation sowie unser Verständnis von Geldpolitik prägen. Auch die wirtschafts- und energiepolitischen Auswirkung der Ölschocks der 70er Jahre bestimmen seitdem unser Verständnis vom rationalen Umgang mit Ressourcen. Dies bedeutet, dass den vier Jahrzehnten des ungezügelten Schuldenmachens auf Staatsebene, in den nächsten dreißig Jahren eine gegenläufige Politik folgen sollte.
Politiker erkennen, dass es ökonomisch, moralisch und auch dem Wählerwillen entspricht, die Neuverschuldung gering zu halten sowie die Ausgabenstruktur des Staates auf Wachstum auszurichten.
Einsparungen in aufgeblähten Sozialstaaten sowie Reformen in den oft überregulierten und starren Arbeitsmärkten in Europa, führen sehr schnell zu geringeren Staatsdefiziten und zur Stärkung der Wirtschaft eines Landes, wie es Deutschland mit der Agenda 2010 vorgemacht hat.
Wenn die Staatsquote sinkt, entfalten sich sehr starke dynamische Kräfte im privaten Sektor. Dies steht Europa in nicht gekanntem Ausmaß bevor, da die Staatsquoten im Vergleich sehr hoch liegen (Anteil der Staatsausgaben am BIP oft bei 60-70%).
Die Europäische Bankenaufsicht (EBA) - die es im Übrigen noch nicht lange gibt und der es an fachlichem Know-how sowie an ausreichend Kapazitäten mangelt, um sich echte Akzeptanz an den Märkten zu erarbeiten – wird erkennen, dass man in der Krise keine Strukturprobleme löst. Die Eigenkapitalanforderungen sowie die Stresstestkriterien, die eine Pleite von EWU-Staaten vorsehen, obwohl dies von den Regierungs-Chefs ausgeschlossen wurde, werden sowohl zeitlich wie auch inhaltlich wieder auf realistische Ziele reduziert. Denn ohne ein liquides und starkes Bankensystem funktioniert kein Finanzmarkt und Wachstum in der Realwirtschaft wird konterkariert - Stichwort Kreditklemme.
Konjunkturelle Chancen
Die Weltwirtschaft wird 2012 weiter wachsen. Wahrscheinlich zwischen 3 und 4%. Dies bedeutet, dass auch die Unternehmensgewinne weiter wachsen und nicht schrumpfen, wie dies die Kursverluste an den Aktienmärkten suggerieren.
Was passiert, wenn die größte Volkswirtschaft der Welt stärker wächst als erwartet? 3%, statt wie erwartet 2% Wachstum in den USA, würde einen geplanten Wachstumsrückgang in China von 9% auf 7% mehr als überkompensieren. Die Amerikaner zögen die ganze Welt wie eine Lokomotive mit.
China könnte das angepeilte Ziel einer Wachstumsverlangsamung auf rd. 7% bereits im ersten Quartal erreichen und danach beginnen wieder auf Wachstumskurs umzuschwenken, sprich Zinsen senken, Mindestreservesätze lockern sowie partiell Konjunkturprogramme starten. Das wäre im Einklang mit vielen anderen Schwellenländern, die diese Richtung bereits eingeschlagen haben, wie z.B. Brasilien.
Chancen in den Finanzmärkten
Europäische Banken nutzen das Dreijahres-Tenderprogramm der EZB (1% Zinsen, unbegrenztes Volumen), um massiv höherrentierliche Anlagen, wie Staatsanleihen der Peripheriestaaten, Unternehmensanleihen sowie Dividendentitel (evtl. auch Rückkaufprogramme eigener Aktien) zu kaufen. Eine erhebliche Entspannung an den Märkten wäre die Folge. Die Attraktivität ist hoch, stehen doch 1 Prozent Kosten Renditen bei 3jährigen italienischen Staatsanleihen von 5 Prozent oder Dividendenrenditen von 5 Prozent im EuroStoxx50 gegenüber. Dies wäre im Umfang und in der Wirkung eine Maßnahme der EZB, die das Quantitative Easing Programm (QE II) der US-Notenbank im November 2010 (600 Mrd. Dollar) recht blass aussehen lassen würde. Der zweite Tender steht am 29. Februar an.
Die Märkte werden erkennen, dass Investitionen in Anleihen „sicherer“ Staaten bei weniger als 2% Nominalrendite und 3% Inflation keinen Sinn ergeben, wenn man mit Aktien von Unternehmen, die seit über einhundert Jahren ein funktionierendes Geschäftsmodell haben, allein mit der Dividende mehr verdient. Außerdem notieren diese Unternehmen oft nahe ihrem Buchwert, also so, als ob sie auf Jahre hinaus keine Gewinne mehr machen würden. Dies ist in keiner Weise zu erkennen. Es bestehen also zusätzlich noch Kurschancen.
Die Märkte werden erkennen, dass Gold nur in einem Extremszenario (weitestgehende Entwertung einer Währung) als Allheilmittel dient, dazwischen aber massive Verluste auch mit Edelmetallen zu verzeichnen sind. Vor allem nach einer über zehnjährigen Anstiegsphase.
Fazit:
Krisen schaffen immer strukturelle Veränderungen. Sie sind vor allem in Europa erkennbar und spürbar. Aber sie gehen nicht ohne Einschnitte und holprige bzw. nervöse Anpassungsprozesse sowohl in der Bevölkerung, der Bankenlandschaft als auch an den Finanzmärkten einher. Märkte nehmen jedoch auch positive Entwicklungen vorweg. Sollte also nur ein Teil der skizzierten Themen positiv vom schon sehr niedrigen Erwartungswert abweichen könnte uns zwar ein volatiles, aber letztendlich auch ein positives Aktienjahr bevorstehen. Deswegen ist es ratsam eine Mischung aus verschiedenen Anlageklassen anzustreben. Damit ist man für diverse Szenarien, die im Verlauf des Jahres mit Sicherheit auftreten werden, am besten gerüstet.
Chancen aus der Euro-Krise
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