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ING IM Marketexpress: Staatspleite Griechenlands unvermeidlich?

Durch wachsende Spannungen um Griechenland bestimmt die Staatsschuldenkrise erneut das Marktklima

Hinter verschlossenen Türen scheinen EU-Politiker sich bereits auf die Staatspleite Griechenlands in den nächsten Monaten einzurichten. Ist die Schmerzgrenze endlich erreicht?

Weltkonjunktur auf dem Drahtseil
Die Wachstumsaussichten sind weiterhin unklar. Auch ohne erneute Erschütterungen des Systems könnten die USA bzw. Europa mit 40%iger Wahrscheinlichkeit in eine neue Rezession abgleiten: Die Stimmung an den Finanzmärkten ist trübe und das Vertrauen von Unternehmen und Verbrauchern angeschlagen. Dazu trägt auch die deutliche fiskalische Straffung in den nächsten beiden Jahren bei. Während die Weltwirtschaft bereits auf dem Drahtseil balanciert, ist mit der Eskalation der europäischen Schuldenkrise in den letzten Wochen auch das Risiko weiterer Systemschocks gestiegen. Es bestehen daher wenig Zweifel, dass eine ausgewachsene Systemkrise in Europa die Weltwirtschaft abermals an den Rand einer Rezession treiben würde.

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Veranstaltungshinweis:
Unternehmer-Workshop „Chance für den Mittelstand“
in Hamburg, München, Berlin, Frankfurt
Veranstalter: BOND MAGAZINE, Close Brothers Seydler Bank, Creditreform Rating Agentur, Deutsche Börse, Norton Rose
www.bond-conference.com
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Verschärfung der Staatsschuldenkrise trübt Marktklima
Im September bestimmte wiederum die Staatsschuldenkrise das Marktklima. Themen wie die Auszahlung der nächsten Darlehens-Tranche an Griechenland, Hinweise auf einen Moral-Hazard-Effekt in Italien, Verknappung der Interbankenfinanzierung sowie die Diskussion um Garantien für die European Financial Stability Facility (EFSF) sorgen erneut für Verunsicherung. Angesichts der anhaltenden Sorgen um den Umfang der Beteiligung der Privatwirtschaft an der Umschuldung Griechenlands sowie der EU-weiten Verabschiedung der jüngsten Verbesserungsvorschläge für die EFSF steht die Schuldenkrise abermals im Fokus der Märkte.

Derzeit lassen sich keine überzeugenden Perspektiven für Konjunkturdynamik oder den politischen Prozess in Europa formulieren. Unser Basisszenario – Abschwung mit einer 40%igen Wahrscheinlichkeit, dass wir einen Double Dip erleben, sowie ein langer, steiniger Pfad zu einer glaubwürdigen und nachhaltigen Lösung für das Eurosystem – ist von deutlichen Abwärtsrisiken geprägt.

Griechen droht ungeordnete Insolvenz
Das offensichtlichste Abwärtsrisiko besteht in einer deutlichen Verschärfung der europäischen Schuldenkrise und der ungeordneten Insolvenz eines ihrer Mitgliedstaaten (Griechenland) bzw. systemtragender Banken. Trotz wiederholter öffentlicher Beteuerungen aus den EWU-Kernländern, man werde eine ungeordnete Insolvenz vermeiden (Bundeskanzlerin Merkel am 12. September), bereiten sich Kern-EWU- und EU-Politiker hinter verschlossenen Türen bereits auf die Staatspleite Griechenlands in den nächsten Monaten vor.

Sofern dieser Fall eintritt – ob bei der aktuellen vierteljährlichen Prüfung durch die Troika aus IWF, EU und EZB oder bei der nächsten im Dezember –, wird dies an den Anleihemärkten gewaltige Wellen schlagen. Die Zinsen der übrigen Peripheriestaaten würden aller Voraussicht nach steigen, während die Renditen auf Bundesanleihen weiter sinken. Damit würden auch die europäischen Bankenmärkte unter Druck geraten. Sofern das europäische Finanzsystem nicht wirksam abgeschirmt wird, indem man Banken und Peripherie-Staaten Liquidität bereitstellt und das europäischen Bankensystem umfassend rekapitalisiert, könnte das fatale Folgen haben.

Extreme Bewertung von Staatsanleihen; Übergewichtung reduziert
Die mit der Schuldenkrise verbundenen Risiken und Unsicherheiten waren der Hauptgrund für unsere positive Haltung zu AAA-Staatsanleihen. Das muss sich indes auch in der Marktbewertung widerspiegeln. Zehnjährige Staatsanleihen aus den USA und Deutschland notieren mit 1,7 bis 2% derzeit auf ihrem historischen Tiefststand. Insofern ist das aktuelle Bewertungsniveau denkbar ungünstig – selbst bei Annahme einer Rezession.

Zwar könnte die sinkende Risikoneigung im Zuge einer Systemkrise für weiteren Zulauf in sichere Staatsanleihen sorgen, doch die Risiko-Ertrags-Aussichten dieser Märkte erscheinen jetzt ausgeglichener. Bedenkt man, dass Marktturbulenzen in Europa häufig Auslöser für wirtschaftspolitische Maßnahmen sind und in den USA bereits neue fiskal- und geldpolitische Initiativen konzipiert werden, hält sich das Risiko eines Renditeanstiegs bzw. fallender Risiken in den nächsten zwei, drei Monaten die Waage. Entsprechend haben wir die Gewichtung von Staatsanleihen auf neutral zurückgefahren und halten gleichzeitig an unserer Untergewichtung von Spread-Produkten fest.

Einige Segmente des Spread-Marktes (Anleihen des europäischen Finanzsektors, globale Hochzinsanleihen) preisen im Gegensatz zu anderen Segmenten der globalen Finanzmärkte (zyklische Aktien, Rohstoffe) bereits verstärkt negative Szenarien ein. Natürlich kann die Marktentwicklung auch dann ungünstiger verlaufen, wenn dies eigentlich irrational wäre. Dennoch deutet diese Entwicklung im Hinblick auf die erwarteten Überschussrenditen auf eine allmähliche Risikoverschiebung hin.

Defensive Positionierung von Aktien bleibt bestehen
Trotz des starken Kursverfalls an den Aktienmärkten in den vergangenen Monaten, haben die Bewertungen noch nicht die Talsohle erreicht. Die zyklischen Risiken sind zwar bereits eingepreist, doch nicht die systemischen Risiken einer ungeordneten griechischen Insolvenz. Angesichts der doppelten Gefahr eines Abschwungs und einer Staatspleite bleiben wir bei unserer vorsichtigen Positionierung. Nur die wesentliche Entschärfung mindestens eines dieser Probleme könnte den Markt deutlich heben. Insofern stellen wirtschaftspolitische Maßnahmen das größte Risiko für unsere defensive Positionierung dar. Die Entscheidung der Schweizer Nationalbank vom 6. September, den Franken an den Euro zu koppeln und damit eine weitere Stärkung der schweizerischen Währung zu stoppen, ist ein gutes Beispiel dafür, wie die politischen Instanzen mit Entschlossenheit reagieren können, wenn die Schmerzgrenze erreicht ist.

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