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Negative Einlagezinsen und was nun?

von Karsten Junius, Chefvolkswirt, Bank J. Safra Sarasin

Die Schweizerische Notenbank (SNB) hat die Finanzmärkte mit dem Timing der Einführung negativer Einlagezinsen überrascht. Dass dieses Instrument zur Verfügung steht war klar; auch dass es bei Bedarf schnell eingeführt würde. Die Notwendigkeit zu handeln, schien angesichts des in der letzten Woche der Untergrenze immer näher rückenden Wechselkurses auch dringlicher. Nichts spricht gegen negative Einlagezinsen per se, vor allem, wenn sie wie im gegenwärtigen Fall mit hohen Freibeträgen versehen sind. So schafft es die SNB, zusätzliche und potenziell spekulative Kapitalströme in den Franken abzuschrecken, ohne die bisherigen langfristigen Halter von Frankenliquidität unnötig zu belasten. Aber hätten es nicht auch herkömmliche Devisenmarktinterventionen als ersten Schritt getan? Die Glaubwürdigkeit der Untergrenze war und ist vorhanden und sie ist sehr hoch.

Der Druck auf den Franken in der letzten Woche war klar auf die hohe Unsicherheit an den Finanzmärkten und die „Flucht in sichere Häfen“ zurückzuführen. In dieser Situation bewirken veränderte Fundamentaldaten allerdings wenig. Genau dazu gehören aber die Zinsdifferenzen zum Euroraum. Insofern erscheint die Massnahme eher vorausschauender Natur mit Hinblick auf die voraussichtliche weitere Lockerung der EZB-Geldpolitik am 22. Januar zu sein. Die auf den Termin der nächsten EZB-Sitzung gelegte erstmalige Anwendung der Negativzinsen scheint ebenfalls für die Absicht einer vorausschauende Wirkung zu sprechen. Aber in diesem Fall hätten sie auch auf der SNB-Quartalssitzung in der Vorwoche eingeführt werden können. So bleibt der Eindruck, dass die SNB stark unter dem Druck der aktuellen Ereignisse gehandelt hat, mit einer Massnahme, die prinzipiell die Politik der SNB mittelfristig unterstützt, aber für eine Situation kurzfristig erhöhter Volatilität und Kapitalzuströme eigentlich nicht optimal ist. Oder ist der SNB nur einmal die sonst so bewundernswerte Besonnenheit abhandengekommen? Hat sie befürchtet, dass die Ankündigung ihrer unbeschränkten Interventionsbereitschaft zur Unterstützung der Untergrenze nicht mehr ausreicht? In jedem Fall scheint sie etwas frühzeitig ein Instrument aus der Hand gegeben zu haben, dass in einem späteren Stadium vielleicht eine stärkere Wirkung entfaltet hätte. Der geringe Anstieg des Wechselkurses in den letzten Tagen, legt jedenfalls diese Interpretation nahe. Es bleibt die Frage, was bei weiterem Druck auf die Untergrenze als nächstes folgen würde. Noch tiefere Einlagezinsen von -0,5% oder von -1%? Ob dann noch nicht-negative Zinsen für Kundeneinlagen zu verhindern wären, oder eine unerwünscht expansive Wirkung auf den Immobilienmarkt? Aber es ist vielleicht einfach die Jahreszeit, in der man sich fragt, was nun und wie  es im nächsten Jahr weitergehen soll.

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