Die Ferratum Group plant den Börsengang. Bis zu 6,5 Mio. Aktien in einer Preisspanne von 15 bis 18 Euro gezeichnet werden. Mit dem Emissionserlös aus dem Börsengang möchte die Gesellschaft den Wachstumskurs weiter vorantreiben. Ziel ist es, die Eigenkapitalposition für ein zukünftiges Einlagengeschäft weiter zu stärken. Im Gespräch mit dem BOND MAGAZINE erläutert Gründer und CEO Jorma Jokela die Strategie.
BOND MAGAZINE: Bitte erläutern Sie Ihr Geschäftsmodell.
Jokela: Ferratum ist ein führender internationaler Anbieter von unbesicherten mobilen Verbraucherkrediten mit Sitz in Helsinki. Als einer der ersten europäischen Anbieter mobiler Verbraucherkredite haben wir uns zu einem führenden Anbieter solcher Kredite in Europa, Australien und Neuseeland entwickelt. Seit der Gründung im Jahr 2005 ist das Unternehmen kontinuierlich gewachsen. Heute sind wir in 19 Ländern weltweit operativ tätig und konnten zum Stichtag 31. Dezember 2014 rund 1,0 Millionen aktive Kunden bzw. vormalige Kunden verzeichnen, die einen oder mehrere Kredite in der Vergangenheit erhalten haben. Insgesamt setzt sich unsere Datenbank aus 2,8 Millionen Benutzerkonten zusammen. Das Geschäft von Ferratum ist auf schnelle, einfache und vertrauliche Kredite an Kunden ausgelegt, die über das Internet abgeschlossen werden können, insbesondere über mobile Geräte. Gewöhnlich erfolgt dabei die Kreditvergabe nach der Überprüfung der Kreditwürdigkeit innerhalb weniger Minuten. Mit unserem Produktspektrum an Kreditprodukten und Bezahllösungen bedienen wir verschiedene Kundenbedürfnisse. Unser Kernprodukt sind mobile Mikrokredite mit einem Kreditvolumen, das sich zwischen 25 Euro und 1.000 Euro bewegt.
BOND MAGAZINE: Wie wollen Sie den Emissionserlös aus dem Börsengang verwenden?
Jokela: Mit den Emissionserlösen aus dem Börsengang wollen wir unseren Wachstumskurs weiter vorantreiben. Der Bankensektor befindet sich derzeit im Umbruch und eröffnet uns weitreichende Marktchancen. Das positive Umfeld wollen wir nutzen, um weitere Marktanteile zu gewinnen und Ferratum langfristig als führende Mobile Bank zu etablieren. Der Fokus liegt dabei auf dem organischen Wachstum in existierenden Märkten, der weiteren geografischen Expansion und der Diversifizierung unseres Produktportfolios. Ziel ist es zudem, die Eigenkapitalposition für ein zukünftiges Einlagengeschäft weiter zu stärken.
BOND MAGAZINE: Welche Zielgruppen sprechen Sie mit Ihren Mikrokrediten an?
Jokela: Als Pionier für mobile Mikrokredite richtet sich unser Service an Privatpersonen, die über das Internet oder mobile Endgeräte eine einfache, schnelle, unbürokratische und vertrauliche Aufnahme kurzfristiger Überbrückungskredite möchten. Aus Erfahrung können wir sagen, dass zwei Drittel unserer Kunden in Vollzeit beschäftigt und alle Altersgruppen ab 18 Jahren als Nutzer vertreten sind. Im Durchschnitt wird unser Service für etwa 30 Tage in Anspruch genommen. Unser Angebot zeichnet dabei aus, dass wir Mikrokredite in vielen Ländern innerhalb von wenigen Minuten und unabhängig vom Aufenthaltsort mit minimalem Aufwand gewähren können.
BOND MAGAZINE: Weshalb erhalten diese Personen den Kredit nicht von ihrer Bank?
Jokela: Über die genauen Gründe im Einzelfall wissen wir selbstverständlich nicht Bescheid. Es ist aber so, dass Dispokredite nicht in allen Ländern üblich sind bzw. nicht jeder über eine Kreditkarte verfügt, die er negativ belasten kann, um finanzielle Engpässe zu überbrücken. Oftmals möchten unsere Kunden sich auch nicht persönlich an ihre Bank wenden, um einen Kreditrahmen zu bekommen. Wir bieten diesen Leuten die Möglichkeit, mit unserem Service die schnelle, unkomplizierte und vertrauliche Aufnahme von Überbrückungskrediten. Ich möchte Ihnen ein Beispiel nennen: Vor Weihnachten sucht eine junge Mutter in Helsinki nach passenden Geschenken für ihre Kinder. Wenn sie spontan ein geeignetes Geschenk entdeckt, möchte sie es natürlich direkt kaufen, bevor es vergriffen ist. Mit den Mikrokrediten von Ferratum ist es jederzeit und überall möglich – auch mit einem niedrigen Einkommen!
BOND MAGAZINE: Wie läuft der Markteintritt in Deutschland?
Jokela: Deutschland ist für Ferratum ein wichtiger Markt mit erheblichem Potenzial, in dem wir in den kommenden Jahren weiteres Wachstum erwarten. Daher ist es unser Ziel, in Deutschland das Mikrokreditgeschäft noch populärer zu machen und die Marke Ferratum weiter zu etablieren. Da wir in Deutschland erst seit dem vergangenen Jahr tätig sind, bitte ich an dieser Stelle um Verständnis, dass wir zu diesem Markt noch keine detaillierten Informationen zur Verfügung stellen können.
BOND MAGAZINE: Wie hoch sind die Gebühren und der effektive Zinssatz bei Ihnen?
Jokela: Unser Preismodell ist auf die Erwartungen unserer Kunden und die gesetzlichen Rahmenbedingungen der einzelnen Märkte abgestimmt. Das Verfahren, einen Kreditantrag über unsere Webseite zu stellen, ist sehr transparent. Jeder Kunde erhält genaue Informationen darüber, welche Kosten sich für ihn in Abhängigkeit vom gewünschten Kredit über die Verzinsung am Ende der Laufzeit ergeben. Um eine hohe Transparenz zu gewährleisten, werden dem Kunden die Gesamtkosten vor Vertragsabschluss offen gelegt. Dadurch garantieren wir, dass jeder vor Abschluss über die absoluten Kosten im Bilde ist und sich keine versteckten Zusatzkosten ergeben.
BOND MAGAZINE: In Deutschland gibt es bei hohen Zinssätzen den Begriff der Sittenwidrigkeit. Ich gehe davon aus, dass Ihr Geschäftsmodell nicht sittenwidrig ist…
Jokela: Die Darlehnsvergabe ist in den meisten Ländern eine lizenzpflichtige Tätigkeit ist und in manchen Ländern wird hierfür eine Banklizenz benötigt. Aufgrund der europaweit harmonisierten Überwachung von Kreditinstituten ermöglicht uns die Banklizenz, die wir 2012 von der Malta Financial Services Authority erhalten haben, innerhalb der gesamten EU grenzüberschreitend lizenzpflichtige Tätigkeiten ausführen zu können. In der Tat ist es so, dass es in den meisten Ländern Bestimmungen zur Höhe von Darlehenszinsen gibt, an die wir uns als hoch reguliertes Unternehmen streng halten. In allen Ländern, in denen wir tätig sind haben wir einen modus operandi gefunden, der es uns ermöglicht, unser Geschäftsmodel im Einklang mit den lokalen gesetzlichen Bestimmungen zu etablieren.
BOND MAGAZINE: Und wie sind die gesetzlichen Regelungen in anderen Ländern?
Jokela: Jedes Land hat seine spezifischen Regelungen. Durch unsere EU-Banklizenz sind wir dazu berechtigt, in allen Ländern der Europäischen Union unser Geschäft zu betreiben und den Kunden unsere Finanzdienstleistungen anzubieten.
BOND MAGAZINE: Wie prüfen Sie die Bonität?
Jokela: Zur Prüfung der Bonität unserer Kunden setzen wir ein softwarebasiertes Scoring-Verfahren ein. Wir nutzen dabei historische Daten aus unseren Erfahrungen in 19 Märkten und kombinieren diese mit aktuellen Informationen zu Markt und Kunden. Die Software lernt dabei und entwickelt sich weiter. Ferner nutzen wir wichtige Informationen über den Kunden, beispielsweise aus externen Datenbanken, die etwa der deutschen SCHUFA vergleichbar sind und solche Daten, die uns der Kunde selbst zur Verfügung stellt.
BOND MAGAZINE: Welche nächsten Meilensteine haben Sie sich vorgenommen?
Jokela: Wir verfolgen das Ziel, die Geschäftstätigkeit mittelfristig auf 30 Länder auszuweiten und über ein erweitertes Produktsortiment die unterschiedlichen Kundensegmente noch besser zu bedienen. Gleichzeitig möchten wir die Marktposition in bestehenden Märkten ausbauen und dort die Markenbekanntheit weiter stärken. Derzeit entwickeln wir Ferratum zu einer Mobile Bank und arbeiten an der Markteinführung einer Multi-Banking App. Diese soll als zentrale Plattform für alle bestehenden Produkte von Ferratum dienen und die Möglichkeit bieten, ein Ferratum-Girokonto mit entsprechenden Einlagen zu eröffnen. Letztendlich plant Ferratum über die Multi-Banking App, den Kunden weitere Kreditprodukte und Produkte von Drittanbietern anzubieten.
BOND MAGAZINE: Ende Dezember vergangenen Jahres hatten Lending Club und OnDeck sehr erfolgreiche Börsendebüts in den USA. Wirkt sich das auch positiv auf das Sentiment der Ferratum-Aktie aus?
Jokela: Die erfolgreichen Börsendebüts von Lending Club und OnDeck zeigen einmal mehr, dass momentan ein günstiges Marktumfeld für Börsengänge von FinTechs besteht, zu denen auch Ferratum zu zählen ist. Diese Chance wollen wir ergreifen und sind optimistisch, dass unser einzigartiges Geschäftsmodell und erfolgreicher Track Record der vergangenen Jahre auch am Kapitalmarkt auf entsprechendes Interesse stößt und wir unseren Börsengang zeitnah umsetzen können.
BOND MAGAZINE: Ferratum kann auf einen Track Record mit profitablem Wachstum verweisen und will die Profitabilität weiter steigern. Lending Club und OnDeck werden trotz operativer Verluste an der Börse derzeit mit 8,2 Mrd. USD bzw. 1,3 Mrd. USD bewertet. Inwiefern verleiht Ihnen das zusätzlichen Schub bei Gesprächen mit Investoren?
Jokela: Die positiven Bewertungen von Lending Club und OnDeck geben auch uns Rückenwind für den geplanten Börsengang. FinTechs wie Ferratum sind die Gewinner in einem sich rasant wandelnden Bankensektor. Dies scheint auch der Kapitalmarkt zunehmend zu realisieren.
BOND MAGAZINE: Wie hoch sind die Zahlungsausfälle?
Jokela: Die entscheidende Kenngröße für uns ist nicht die absolute Ausfallquote, sondern vielmehr die Relation zwischen dieser und dem Unternehmenswachstum. Betrachtet man die Entwicklung der Ferratum Group seit der Gründung 2005, so sind wir stetig gewachsen und sind heute in 19 Märkten vertreten. Im Geschäftsjahr 2013 haben wir einen Umsatz von 58,2 Mio. Euro erwirtschaftet. Nach den ersten elf Monaten 2014 liegt der Umsatz bereits bei 63,5 Mio. Euro. Über unsere breite geografische Diversifizierung als auch die Streuung unseres Kreditvolumens auf einen breiten Kundenstamm und das softwarebasierte Prüfungsverfahren gelingt es uns, das Ausfallrisiko in einem Maße zu begrenzen, das uns eine ausreichende Profitabilität sichert.
BOND MAGAZINE: Welche Risiken sehen Sie?
Jokela: Die Branche, in der wir tätig sind, als auch Ferratum selbst sind an die politischen, ökonomischen und gesetzlichen Rahmenbedingungen in den einzelnen Märkten gebunden und daher unterschiedlichsten Risiken ausgesetzt. Wir sehen uns aber gut aufgestellt, um unser Unternehmen auf lange Sicht erfolgreich weiterzuentwickeln und zu der führenden Mobile Bank zu werden. Unser erfolgreicher Track Record und die Profitabiliät von Ferratum zeigen, dass wir unsere Kunden durchaus gut kennen und einschätzen können. Hierzu trägt auch unser etabliertes softwarebasiertes Prüfungsverfahren bei, dass wir durch neue Kundenerfahrungen immer weiter verfeinern und optimieren. Zudem haben wir sowohl geografisch als auch im Hinblick auf das Verhältnis zwischen gewährtem Kreditvolumen und Kundenanzahl eine sehr breit diversifizierte Risikostreuung. Aus diesen Gründen bin ich sehr zuversichtlich, dass wir unseren Wachstumskurs weiter fortsetzen.
BOND MAGAZINE: Wo steht Ferratum in 5 Jahren?
Jokela: Angesichts der großen Marktchancen, die sich Ferratum durch den Umbruch im Bankensektor bieten, wollen wir weiter an Marktanteilen gewinnen und uns in den kommenden Jahren als führende Mobile Bank etablieren. Das bedeutet, dass wir die „Usability“ von mobilen Endgeräten weiter verbessern wollen und unser Produktportfolio auf dieser mobilen Platform erweitern möchten. Neben Einlagenprodukten, wie Spar- und Girokonten denken wir dabei auch an Kreditprodukte wie P2P lending (> 2000 €) und Kredite an Unternehmer. Alle Produkte stets einfach, schnell, unbürokratisch und onlineorientiert. Daneben wollen wir weiter Länder erschließen – mittelfristig von 19 auf 30 operative Länder expandieren: So haben wir bereits mit der Expansion nach Norwegen und Kanada begonnen. Und auch in der Türkei wollen wir in naher Zukunft operativ tätig werden.
Das Interview führte Christian Schiffmacher, www.fixed-income.org
Tab. 1: Eckdaten des Ferratum Börsengangs
Emittent | Ferratum Oyj |
Preisspanne | 15 bis 18 Euro |
Zeichnungsfrist | 22.01. bis 04.02.2015 |
Emissionsvolumen | bis zu 6.5 Mio. Stückaktien |
Bookrunner | ICF Bank AG |
Co-Lead Manager | equinet Bank AG und Hauck & Aufhäuser |
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