Am 25. Januar 2018 fand der mit Hochspannung erwartete erste Berichtstermin im Insolvenzverfahren der air Berlin PLC statt. Einen Tag zuvor hatte bereits der Berichtstermin der air Berlin PLC & Co. Luftverkehrs KG stattgefunden.
Der Berichtstermin war ohne Prüfungstermin angesetzt worden, da Forderungen noch bis zum 1. Februar 2018 angemeldet werden können. Am 17. Januar 2018 war die Eigenverwaltung aufgehoben worden. Herr Prof. Dr. Flöther, der zuvor Sachwalter war, ist nun Insolvenzverwalter.
Befremdlich wirkte die Kulisse im Estrel in Berlin. Im eigens angemieteten Saal Europa, der Platz für ca. 1000 Gäste bot, saßen ca. 50 Besucher. Alles Anzugträger. Fluggäste waren am Tag zuvor gekommen und taten dort ihren Unmut kund. Aber auch Anleihegläubiger waren erwartungsgemäß nicht angereist. Für die deutsche Anleihe (ISIN DE000AB100B4) wurden diese durch den gemeinsamen Vertreter vertreten.
Unzulässiger Antrag zur Tagesordnung seitens des gemeinsamen Vertreters
Dieser hatte noch am Freitag letzter Woche, am 19. Januar 2018, einen Antrag eingereicht, wonach die Gläubigerversammlung den Insolvenzverwalter ermächtigen sollte, mit dem gemeinsamen Vertreter der Anleihegläubiger der 8,25 % Inhaber-Schuldverschreibung 2011/2018 der Air Berlin PLC ( ISIN DE000AB100B4) eine Vereinbarung über eine angemessene Vergütung zu treffen und hierdurch eine Masseverbindlichkeit zu begründen.
Hierdurch wollte der gemeinsame Vertreter, der bei seiner Kandidatur ausdrücklich darauf hingewiesen hatte, dass dieser den Anleihegläubigern keine Rechnung stellen wolle, versuchen, eine angemessene Vergütung aus der Masse zu erhalten. Angesichts der schon erklärten Masseunzulänglichkeit wäre dies ohnehin sehr schwierig zu begründen gewesen.
Darüber hinaus sollte weiter darüber beschlossen werden, dass der Insolvenzverwalter im Zusammenhang mit erteilten Finanzierungszusagen durch Etihad Airways bzw. durch Etihad Aviation Group ermächtigt wird, einen Rechtsstreit anhängig zu machen oder aufzunehmen und Finanzierungsmöglichkeiten zu prüfen und gegebenenfalls abzuschließen.
Hintergrund dieser Anträge ist, dass nach Auffassung des gemeinsamen Vertreters Ansprüche gegen Etihad Airways b.z.w. durch Etihad Aviation Group bestehen, die zu einer Vollbefriedigung der Gläubiger führen sollen. Diese Anträge wurden jedoch nicht zur Tagesordnung genommen, da nach Auffassung des Gerichts diese an formalen Mängeln litten und zu spät gestellt worden seien.
Kampf über die Mehrheiten in der Gläubigerversammlung und im Gläubigerausschuss
Der sich hieran anschließende Kampf um die Herrschaft über dieses Verfahren ging leider eindeutig zu Lasten der Anleihegläubiger aus. Die seitens des gemeinsamen Vertreters beantragte Stimmrechtsfestsetzung führte dazu, dass der Sonderinsolvenzverwalter der air Berlin PLC & Co. Luftverkehrs KG, Dr. Rainer Eckert, die Stimmenmehrheit in der Gläubigerversammlung zugeteilt bekam und nach Ausschöpfung aller Rechtsmittel allein dieser alle Entscheidungen der Gläubigerversammlung bestimmen konnte.
Das Ergebnis ist die Einsetzung bzw. Fortführung eines fünfköpfigen Gläubigerausschusses, der nur mit zwei Köpfen die Anleihegläubiger repräsentiert. Drei Köpfe werden durch Nichtanleihegläubiger vertreten, die damit den Gläubigerausschuss dominieren und die Anleihegläubiger jederzeit überstimmen können.
Was dies nun heißt?
Nun, wesentliche Entscheidungen des Insolvenzverwalters müssen vom Gläubigerausschuss abgesegnet werden. Hierzu gehört insbesondere das Führen von Rechtsstreitigkeiten mit erheblichem Streitwert. Und hier spielt bei air Berlin die Musik.
Schadenersatzansprüche gegen Etihad?
Etihad hatte Ende letzten Jahres völlig unerwartet die Zahlungen eingestellt. Die positive Fortführungsprognose entfiel und air Berlin war gezwungen, einen Antrag auf Eigenverwaltung zu stellen. Es wird seitens der Beteiligten die Rechtsansicht vertreten, dass die Einstellung der Zahlungen zu Unrecht erfolgte und Etihad sich insofern schadenersatzpflichtig gemacht habe. Zu dieser Frage wurden bereits zwei Rechtsgutachten erstellt, die zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. Der Ausgang eines Rechtsstreits hängt insbesondere davon ab, welches Recht anwendbar ist (deutsches, englisches oder das Recht der Vereinigten Arabischen Emirate) und welches Gericht zuständig ist. Je nachdem, wie man diese Fragen beantwortet, ist nach Ansicht der Gutachter ein Anspruch gegeben oder nicht. Folgefrage ist dann, in welcher Höhe dieser bestehen würde und ob dieser vollstreckbar ist.
Mit anderen Worten: Jede Entscheidung und jeder Vergleich lassen sich hervorragend begründen. Das Interesse der Anleihegläubiger ist aber, dass diese Ansprüche konsequent verfolgt werden. Ob dies nun tatsächlich erfolgen wird, steht in den Sternen. Dies ist insbesondere deshalb besonders misslich, da die Anleihegläubiger ohne diese Ansprüche zur Zeit keine oder fast keine Quote erwarten dürfen. Es ist bereits Masseunzulänglichkeit erklärt.
Einziger Lichtblick: Es wird auch ein Drittschutz seitens der air Berlin PLC & Co. Luftverkehrs KG erwogen. Insoweit müsste es auch im ureigensten Interesse des Sonderinsolvenzverwalters sein, diese Ansprüche zu verfolgen. Es bleibt zu hoffen, dass er dies auch mit dem erforderlichen Nachdruck tut. Auch Ansprüche gegen Organe der Gesellschaft und die Abschlussprüfer sollen geprüft werden. Es bleibt spannend und es kann wohl nicht mit einer schnellen Lösung gerechnet werden. Die Beteiligten gehen von einer Verfahrensdauer von ca. sechs bis acht Jahren aus.
Am Rande sei noch erwähnt, dass Prof. Dr. Flöther als Insolvenzverwalter von der Gläubigerversammlung bestätigt wurde und das operative Geschäft weiterhin stillgelegt bleibt, da eine Fortführung ohnehin nicht in Betracht kommt. Etwas anderes war auch nicht zu erwarten!
Der Bericht von Prof. Dr. Flöther als Insolvenzverwalter und vorheriger Sachwalter wird über das Gläubigerinformationssystem auf der Internetseite des Insolvenzverwalters in Kürze abrufbar sein.
Text: Dr. Susanne Schmidt-Morsbach, Schirp & Partner Rechtsanwälte mbB, Berlin (www.ssma.de)
http://www.fixed-income.org/ (Foto: © air berlin)
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