Die Noratis AG hat für den 10. September eine Anleihegläubigerversammlung einberufen. Anleihegläubiger müssen sich bis 7. September anmelden, um selbst teilzunehmen oder ihr Stimmrecht durch einen Bevollmächtigen ausüben zu lassen.
André Speth, CFO der Noratis AG, betont im Gespräch mit dem BOND MAGAZINE, dass die Verlängerung der Anleihe notwendig ist, weil die Gesellschaft für die Rückführung der Anleihe auf Rückflüsse aus Objektverkäufen angewiesen ist. Durch den Zinsanstieg ist der Transaktionsmarkt jedoch deutlich zurückgegangen und Käufer versuchen, ihre Preisvorstellungen durchzusetzen. Die Einbringungen von weiterem Eigenkapital durch den Großaktionär ist zudem an die Prolongation der Anleihen geknüpft.
BOND MAGAZINE: Sie haben eine Anleihegläubigerversammlung für die Anleihe 2020/25 (ISIN DE000A3H2TV6, WKN A3H2TV) einberufen. Anleihegläubiger sollen über die Verlängerung der Anleihe um 3 Jahre (bis zum 31.12.2028) abstimmen. Weshalb ist das notwendig?
Speth: Die Noratis AG ist ein Bestandsentwickler von Wohnimmobilien in Deutschland. Durch diese Aufstellung haben wir zwei Einnahmeströme. Zum einen die Mieteinnahmen, die gut planbar sind und tendenziell stetig steigen. Zum anderen die Erlöse aus Objektverkäufen. Nach dem deutlichen Zinsanstieg ist der Transaktionsmarkt für Immobilien in Deutschland erheblich zurückgegangen. Aktuell sehen wir einen Markt, bei dem es nur wenige Käufer gibt, die zudem versuchen, ihre eigenen Preisvorstellungen durchzusetzen. Damit fehlt uns ein wichtiger Einnahmestrom. Für die Rückführung der Anleihen sind wir aber auf die Rückflüsse aus Objektverkäufen angewiesen.
BOND MAGAZINE: Der Großaktionär der Noratis AG, die Merz Real Estate GmbH & Co. KG, hat die Verpflichtung aus der Investorenvereinbarung in Bezug auf die Erbringung von Bareinlagen im Rahmen von Kapitalerhöhungen in Höhe von 10 Mio. Euro für das laufende Jahr 2024 bestätigt. Zudem hat Merz sich verpflichtet, unter bestimmten Voraussetzungen weitere bis zu 16 Mio. Euro auch nach 2024 unter Einbindung der Aktionäre im Rahmen einer Bezugsrechtskapitalerhöhung einzubringen. Es wurde aber auch veröffentlicht, dass Merz Real Estate erwägt, die Mehrheit an Noratis abzugeben. Was ist nun Stand der Dinge? Ist mit weiteren Kapitalerhöhungen von Merz Real Estate zu rechnen oder nicht?
Speth: Für dieses Jahr hat Merz die Zuführung von Eigenkapital in Form einer Kapitalerhöhung über 10 Mio. Euro zugesagt. Des Weiteren hat sich Merz verpflichtet, unter bestimmten Bedingungen den im Sanierungsgutachten (Independent Business Review) beschriebenen Sanierungspfad durch eine weitere Kapitalerhöhung im Umfang von bis zu 16 Mio. Euro abzusichern. Merz hat aber auch erklärt, einen Verkauf der Beteiligung in Erwägung zu ziehen. Dabei heißt es, dass Merz die Mehrheit an der Noratis AG entweder im Rahmen einer Kapitalerhöhung oder durch einen teilweisen oder vollständigen Verkauf abgeben könnte. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Noratis AG, um in dem Marktumfeld wieder wachsen zu können, weitere Mittelzuflüsse über die bereits vereinbarten benötigen würde.
BOND MAGAZINE: An welche Bedingungen ist die Einbringung von weiterem Eigenkapital durch Merz geknüpft?
Speth: Hier ist vor allem die geplante Prolongation der beiden Anleihen zu nennen. Deshalb ist es so wichtig, dass sich unsere Anleihegläubiger für die Versammlung anmelden, ob in Präsenz oder durch die Beauftragung der Stimmrechtsvertreter der Gesellschaft.
BOND MAGAZINE: Wie agieren Sie bei den Unsicherheiten um Ihren Großaktionär? In der Vergangenheit wollten Sie den Bestand weiter ausbauen, weil Sie eigentlich zu klein sind. Bauen Sie derzeit Bestände ab oder sehen Sie eher Kaufgelegenheiten?
Speth: Wir sehen in dem Markt Kaufgelegenheiten, können aktuell aber nichts einkaufen. Durch die vorhandenen Mittelzusagen und die geplante Laufzeitverlängerung der Anleihen wollen wir Flexibilität bei Objektveräußerungen erzielen, so dass wir nicht in dem aktuellen zyklischen Immobilientief verkaufen müssen. Für eine Rückkehr zu Wachstum wären aber weitere Mittelzuflüsse notwendig.
BOND MAGAZINE: Mit Ihrem Geschäftsmodell der Bestandsentwicklung (das auch Renovierungen im Bestand vorsieht) reichen die Mieteinnahmen nicht aus, um den Break Even zu erreichen, weil Sie Renovierungskosten haben. Die Nachrichtenlage ist, insbesondere in Bezug auf Merz Real Estate, nicht klar. Können Sie aufgrund der Unsicherheiten in Bezug auf die Finanzierung, auch in Bezug auf den Großaktionär, überhaupt mittelfristig planen und wie sieht die Strategie aus?
Speth: Wir haben uns angesichts des Marktumfelds stärker auf die Bestandshaltung ausgerichtet, sind aber weiter Bestandsentwickler. Für die Weiterentwicklung des Immobilienbestandes sind auch organisatorisch höhere Kosten zu sehen, als wenn wir ein reiner Bestandshalter wären. Wenn wir die geplante Prolongation der Anleihen umgesetzt haben, dann haben wir Zeit, unsere Immobilien zu einem besseren Zeitpunkt zu veräußern, was sich positiv auf die Substanz auswirkt. Für neues Wachstum sind weitere Mittelzuflüsse notwendig. Die Nachricht von Merz zeigt, dass unser Großaktionär dafür offen ist, durch eine Neustrukturierung der Eigenkapitalseite der Gesellschaft neue Perspektiven zu eröffnen.
BOND MAGAZINE: Mitte August haben Sie bekannt gegeben, dass sich ein weiterer Abwertungsbedarf auf die Immobilienwerte ergibt (etwa 6% auf die Marktwerte vom 31.12.2023). Viele Experten erwarten wieder rückläufige Zinsen und dass der Tiefpunkt bei den Preisen für Wohnimmobilen erreicht ist. Ist das Thema Abwertungen aus Ihrer Sicht damit erledigt?
Speth: Wir haben unseren Immobilienbestand extern zum 30. Juni 2024 bewerten lassen. Die jetzigen Wertansätze sind also aktuell, wobei bei den Abwertungen auch zu sehen ist, dass wir bei einigen Objekten Investitionen zurückgefahren bzw. zeitlich gestreckt haben. Zudem bei einzelnen Objekten auch die beabsichtigte Vermarktung geändert haben. Statt eines Einzelverkaufs sind hier nun Blockverkäufe vorgesehen. Diese bieten in der Regel zwar niedrigere Preise, ein Einzelverkauf ist aber derzeit schwierig, langwierig und mit großer Unsicherheit verbunden. Wir sehen auf dem Transaktionsmarkt aktuell leider noch keine Besserung. Nach unserer Einschätzung kommen mehr und mehr Objekte auf den Markt, bei denen der Druck auf der Verkäuferseite gestiegen ist. Käufer sind weiter zurückhaltend und versuchen in der Regel unverändert, ihre Preisvorstellungen durchzusetzen.
BOND MAGAZINE: Lassen Sie uns nochmals über die Anleihegläubigerversammlung sprechen: Wie können Anleger an der Gläubigerversammlung teilnehmen oder sich unabhängig vertreten lassen und welche Fristen gilt es zu beachten?
Speth: Wir bitten die Inhaber der Anleihe, an der Anleihegläubigerversammlung am 10. September 2024 teilzunehmen oder sich dort vertreten zu lassen. Hierfür ist eine Anmeldung erforderlich. Diese kann postalisch (Noratis AG, c/o Computershare Operations Center, 80249 München) oder per E-Mail an noratis@computershare.de bis zum 07.09.2024 (24.00 Uhr MESZ) erfolgen. Für die Teilnahme an der Anleihegläubigerversammlung benötigen die Inhaber der Anleihe einen „Besonderen Nachweis und Sperrvermerk“, der bei der depotführenden Bank angefordert werden muss. Wir haben zudem auch ein Musterformular auf unsere Website der Noratis AG unter noratis.de/investor-relations/ in der Rubrik „Anleihegläubigerversammlung” gestellt. Wenn Anleihegläubiger nicht die Möglichkeit haben, persönlich teilzunehmen, kann den Stimmrechtsvertretern der Gesellschaft eine Vollmacht mit Weisungen erteilt werden. Diese erste Anleihegläubigerversammlung ist beschlussfähig, wenn wertmäßig mindestens die Hälfte der ausstehenden Noratis-Anleihe 2020/25 vertreten ist. Sollte diese Quote nicht erreicht werden, würde kurzfristig zu einer zweiten Anleihegläubigerversammlung mit denselben Tagesordnungspunkten eingeladen werden. Diese zweite Anleihegläubigerversammlung wäre dann beschlussfähig, wenn mindestens 25% der ausstehenden Anleihe vertreten sind.
BOND MAGAZINE: Wie laufen die Gespräche mit Anleiheinvestoren? Kommen Sie Anlegern noch entgegen?
Speth: Durch die zur Abstimmung stehende Laufzeitverlängerung bei einem unveränderten Zins bekommen wir die Flexibilität, Immobilienverkäufe zu einem späteren Zeitpunkt zu realisieren. Dies sichert Substanz in der Noratis AG im Hinblick auf die vollständige Rückzahlung der Anleihen nach der Laufzeitverlängerung. Zudem hat unser Großaktionär erklärt, unter der Bedingung, dass eine Prolongation der Anleihen umgesetzt worden ist, weitere bis zu 16 Mio. Euro zur Absicherung des im Sanierungsgutachten (Independent Business Review) beschriebenen Sanierungspfads unter bestimmten weiteren Bedingungen im Rahmen einer Kapitalerhöhung zu investieren. Hierdurch wird die Umsetzung der im Sanierungsgutachten (Independent Business Review) geplanten Sanierung zusätzlich abgesichert, was auch die Rückzahlungsmöglichkeit nach der Umsetzung der Anleiheprolongation stärkt. Wir halten unser Angebot deshalb für fair und bitten die Gläubiger, an der Versammlung teilzunehmen, oder wenn dies nicht möglich ist, sich vertreten zu lassen.
Das Interview führte Robert Steiniger, www.fixed-income.org
Foto: André Speth © Noratis AG
„Es ist wichtig, dass sich unsere Anleihegläubiger für die Versammlung anmelden“, André Speth, CFO, Noratis AG
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