Die Huber Automotive AG hat die Anleihegläubiger zu einer Abstimmung ohne Versammlung eingeladen. Abgestimmt werden soll über eine Verlängerung der Anleihe um drei Jahre und eine Erhöhung des Kupons von 6,00% auf 7,50%. Vorstand Martin Huber ist davon überzeugt, dass die Gesellschaft nach der Prolongation der Anleihe kurzfristig die Eigenkapitalbasis stärken kann und den Kurs erfolgreich fortsetzen kann.
BOND MAGAZINE: Sie haben die Anleiheinvestoren zu einer Gläubigerversammlung (Abstimmung ohne Versammlung) eingeladen. Weshalb ist das notwendig?
Huber: Die Anleihe wurde im April 2019 begeben. Damals waren wir mitten in der Transformation, hin zur New Mobility. Die Umstellung war herausfordernd und keines der Fahrzeugmodelle, in denen unsere Produkte verbaut waren, ging pünktlich an den Start. Diese Phase mündete direkt in der Corona-Pandemie. Danach kamen Halbleiter-Engpässe und Ukraine-Krieg.
Wir hatten zwar trotz widriger Umstände das geplante Wachstum erzielt, aber die Rahmenbedingungen hatten ihre Auswirkungen auf die Ertragssituation. Wir sind deshalb heute nicht da, wo wir eigentlich sein wollten, und sind deshalb noch nicht gerüstet für die Refinanzierung der Anleihe. Aus diesem Grund haben wir die Anleger zu einer Abstimmung ohne Versammlung aufgefordert, um einen Beschluss zur Prolongation der Anleihe zu fassen. Wir glauben, dass wir mit einer Verlängerung um drei Jahre uns dorthin entwickeln können, wo wir heute schon stehen wollten.
BOND MAGAZINE: Was soll bei der Gläubigerversammlung beschlossen werden?
Huber: Es soll in der Abstimmung ohne Versammlung ein Beschluss über die Prolongation der Schuldverschreibung gefasst werden, das heißt, der Fälligkeitszeitpunkt soll auf den 16. April 2027 geändert werden. Gleichzeitig ist damit eine Anpassung des Zinssatzes an das Marktumfeld, von 6,00% auf 7,50% p.a. ab dem 16. April 2024 verbunden. In dem Beschlussvorschlag ist ferner ein Verzicht auf ein etwaiges Kündigungsrecht bis zum 15. Mai 2024, sowie gewisse Aufschläge bei vorzeitiger Rückzahlung durch die Emittentin enthalten.
BOND MAGAZINE: Wie können Anleihegläubiger abstimmen?
Huber: Die Abstimmung ist ohne Versammlung. Die Anleihegläubiger können die Aufforderung zur Stimmabgabe und die einzureichenden Formulare (Formular zur Stimmabgabe, Formular Sperrvermerk sowie Stimmrechtsvollmacht) sowohl im Bundesanzeiger als auch auf der Webseite des Unternehmens herunterladen. Wichtig ist, die Dokumente innerhalb der vorgegebenen Frist, von Dienstag, den 2. April 0:00 bis zum 4. April 24:00 einzureichen. Davor oder später eingereichte Abstimmungen gelten als ungültige Stimmabgaben. Einzureichen sind die Formulare beim Notar unter abstimmungsleiter(at)mock-rechtsanwaelte.de , alternativ per Fax oder auf dem Postweg.
BOND MAGAZINE: Weshalb ist die Wahl eines Gemeinsamen Vertreters, der die Interessen der Anleihegläubiger wahrnimmt, nicht geplant?
Huber: Wir gehen davon aus, dass wir eine breite Unterstützung von institutionellen Anlegern für die Prolongation und der damit verbundenen Konditionsanpassung haben, die sehr gut nachvollziehen können, dass eine wochen- und monatelange Verhandlung mit einem Gläubigervertreter weder den Gläubigern noch der Gesellschaft etwas nutzt. Die Unsicherheit in der Finanzierungssituation ist nicht nur auf Gläubigerseite belastend, sondern sie schadet auch der Gesellschaft, weil sie bis zur Prolongation von sämtlichen Neuvergaben ausgeschlossen wird und über längere Zeit keine Chance auf Neugeschäft hätte. Auch Kreditversicherer würden Warenlieferungen unserer Lieferanten nicht mehr versichern, wenn einer Prolongation nicht zugestimmt wird.
Ein Investor hat mit Sicherheit Interesse, dass die unsichere Phase schnellstmöglich beendet wird und sich der Kurs der Anleihe baldmöglichst erholt. Stimmt er gegen die Prolongation, setzt er sich selbst und seinem Investment einem großen Risiko aus, weil sich das Unternehmen von dieser Phase wohl kaum mehr erholen könnte und der Kurs sicher vollständig einbrechen würde.
Ein Gläubigervertreter würde uns in wochenlange Verhandlungen verstricken, sein Interesse wäre keine schnelle Lösung, sondern er möchte Verhandlungserfolge vorweisen, ungeachtet dem Schaden, der dabei auf Kunden- und Lieferantenseite angerichtet wird.
BOND MAGAZINE: Eigentlich benötigen Sie Eigenkapital. Gibt es Überlegungen Ihrerseits, der Gesellschaft Eigenkapital zuzuführen?
Huber: Nach erfolgreicher Prolongation werden wir 2,5 Mio. Euro in Form von Gesellschafterdarlehen einbringen, um das wirtschaftliche Eigenkapital zu stärken. Darüber hinaus führen wir Investorengespräche, um die notwendige Eigenkapitalbasis für weiteres Wachstum zu schaffen. Auch hier ist die schnelle Prolongation der Anleihe eine Voraussetzung, damit solche Gespräche von Erfolg gekrönt sind. Eventuelle Investoren, die sich an der Gesellschaft beteiligen, möchten Wachstum und Innovationen finanzieren. Sie stehen in der Regel nicht als Ersatz für Fremdkapital bereit.
BOND MAGAZINE: Die SdK Schutzgemeinschaft der Kleinanleger hat angekündigt, den Beschlüssen nicht zuzustimmen. Einige Punkte werden von der SdK kritisiert – so haben Sie seit Jahren keinen testierten Jahresabschluss vorgelegt. Was ist der Grund dafür?
Huber: In den Wirtschaftsjahren 2019/2020 und 2020/2021 gab es diverse Bewertungsthemen, bei denen wir mit den für diese Jahre zuständigen Wirtschaftsprüfern keinen Konsens finden konnten. Im Dezember 2022 erklärte man uns, dass man für die erforderliche going concern-Betrachtung den Zeitraum von den mindestens geforderten 12 auf 18 Monate ausdehnen möchte und deshalb die Refinanzierung der Anleihe eine Grundvoraussetzung für eine positive going concern-Betrachtung ist. Dies hat zu dieser Lock-up Situation geführt, in der wir uns immer noch befinden. Für die Wirtschaftsjahre 2021/2022 sowie 2022/2023 wurde das Prüfungsmandat einer global tätigen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft erteilt. Ich denke, wir sind jetzt auch auf einem guten Weg, die Abschlüsse zeitnah fertigzustellen.
Welchen Beweggrund die SdK hat, ihre Kleinanleger in solch ein Risiko zu manövrieren, entzieht sich meiner Kenntnis. Was wäre denn gewonnen, wenn die Entscheidung gegen eine Verlängerung in einer Insolvenz mündet und weder die jetzt anstehende Zinszahlung noch eine Kurserholung erfolgt, geschweige denn jemals eine Möglichkeit der Rückzahlung besteht? Die Situation ist unbefriedigend für die Investoren sowie für die Gesellschaft, aber sie wird garantiert nicht besser, wenn man gegeneinander arbeitet. Statt gemeinsam einen Lösungsweg zu suchen, empfiehlt man fahrlässig eine Absage, aus der ein nicht bezifferbarer Schaden für alle Beteiligte entstehen wird, wenn der Empfehlung gefolgt wird.
BOND MAGAZINE: Die SdK kritisiert auch den hohen Anteil von selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenständen. Bitte erläutern Sie die Bilanzposition.
Huber: Automobilzulieferer haben in der Regel hohe Aufwendungen für Entwicklungen bis zur Serienreife. Auch in unserem Fall wurden hier Entwicklungsleistungen in den einzelnen Wirtschaftsjahren entsprechend aktiviert. Dies amortisiert sich dann über die Laufzeit oder die Stückzahlen der Serienproduktion. Als innovatives, entwicklungsgetriebenes Unternehmen mit einem hohen Entwicklungsmitarbeiteranteil ist dies ein nachvollziehbarer Vorgang.
BOND MAGAZINE: Auch wird darauf hingewiesen, dass die bilanzierten Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe in den zurückliegenden drei Jahren einen Anstieg von 4,8 Mio. Euro auf 10,2 Mio. Euro verzeichneten. Was ist der Grund dafür?
Huber: Ob man den Materialbestand während der Post Corona-Pandemie Phase und während den Lieferengpässen für einen brauchbaren Vergleich heranziehen kann, weiß ich nicht. Aber nehmen wir das GJ 2021/2022 mit 5,7 Mio. Euro und 62 Mio. Euro Umsatz und das Folgejahr mit 10,2 Mio. Euro und 92 Mio. Euro. Hier haben wir einen Aufbau der Roh- Hilfs und Betriebsstoffe um über 70%. Gleichzeitig ist der Umsatz um 50% gestiegen. Es ist sicher nachvollziehbar, dass der Lagerbestand dann mindestens auch um 50% steigen muss. Darüber hinaus haben wir zum Ende des GJ 2022/2023 von 15 Wochenschichten auf 20 Wochenschichten umgestellt. Damit haben wir pro Woche 33% mehr Material verarbeitet als im Jahr zuvor. In den Schichten am Samstag und Sonntag erhält man aber keinerlei Lieferungen und muss deshalb auch den Bestand entsprechend erhöhen. Ein weiterer Faktor stellen Preiserhöhungen bei Elektronikkomponenten dar. Wir hatten teilweise 2x10% Preisanpassung in einem Jahr.
Setzt man jetzt noch die üblichen Lagerumschlaghäufigkeiten an, so sieht man, dass wir eigentlich einen noch deutlich höheren Bestand haben müssten, als er im GJ 2022/2023 ausgewiesen wurde.
BOND MAGAZINE: Es gibt hohe Forderungen gegen nahestehende Unternehmen. Gegen welche Unternehmen hat man Forderungen in welcher Höhe und wie kamen diese zustande?
Huber: Die Huber Automotive AG ist im Verbund der Huber Unternehmensgruppe tätig. Hier gibt es den unterschiedlichsten Leistungsaustausch, wie Verwaltungsleistungen der Holding, Bereitstellung von Mietflächen, Entwicklungsleistungen und Transfer von Investionsgut. Von daher gibt es viele Positionen, deren einzelne Aufzählung hier zu weit führen würde.
BOND MAGAZINE: Lassen Sie uns nach vorn blicken. Welche Aufträge haben Sie in der Pipeline? Wie wollen Sie die Anleihe in drei Jahren zurückzahlen?
Huber: Huber Automotive mit rund 260 Mitarbeitern hat drei wesentliche Geschäftsbereiche: Die allgemeine Automotive Electronics, den Bereich Batteriemanagement-Komponenten und E-Drive/Hybrid-Systeme. In allen Bereichen bieten wir nicht nur die Serienproduktion an, sondern auch deren Entwicklung. Wir beliefern sowohl OEMs als auch Tier 1-Zulieferer. Mit der Elektrifizierung des Toyota Landcruisers bedienen wir in Zukunft auch den Untertagebau mit E-Drive Systemen.
Wir fertigen derzeit für 2 globale Fahrzeughersteller diverse Komponenten im Bereich Batteriemanagement. Hier sehen wir in den kommenden Jahren das größte Wachstum. Aber auch sonst steigt der Bedarf an Elektronikkomponenten im Fahrzeugbau. Wir haben uns an zahlreichen Ausschreibungen beteiligt und Angebote eingereicht. Deshalb ist für uns eine schnelle Entscheidung zur Verlängerung so wichtig. Wenn sich die über Monate hinziehen würde, hätten wir keine Möglichkeit, an den Vergaben weiter teilzunehmen. Es könnte keinerlei Neugeschäft mehr generiert werden.
Wir sehen uns als innovatives Unternehmen, das mehr als 90% seines Umsatzes in New Mobility Themen generiert und deshalb für die Zukunft gut gerüstet ist. Wir haben trotz sehr herausfordernden Rahmenbedingungen überdurchschnittliches Wachstum erzielt. In den letzten 10 Jahren sind wir durchschnittlich um 30%/ Jahr (CAGR) gewachsen.
Wir sind davon überzeugt, dass wir nach der Prolongation kurzfristig die Eigenkapitalbasis stärken können und unseren Kurs erfolgreich fortsetzen können. Von daher gehen wir davon aus, dass wir in 3 Jahren in einer wesentlich besseren Position sind und keine Probleme bei der Refinanzierung haben werden. Die aktuelle Situation ist besonderen Umständen geschuldet, aber ich denke, die letzten Jahre waren nicht nur für uns eine besondere Herausforderung. Wir hatten allerdings gegenüber anderen noch on Top ein beträchtliches Wachstum zu verdauen.
Das Interview führte Robert Steiniger, www.fixed-income.org
Foto: Martin Huber © Huber Automotive
„Wir sind davon überzeugt, dass wir nach der Prolongation kurzfristig die Eigenkapitalbasis stärken können und unseren Kurs erfolgreich fortsetzen können“, Martin Huber, Huber Automotive
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