Anleihen sind in den letzten Wochen in den perfekten Sturm geraten. Die Renditen von deutschen Anleihen mit zehnjähriger Laufzeit haben in den letzten drei Monaten um mehr als 60 Basispunkte zugelegt und zeitweise bei über einem Prozent notiert. Auch die zehnjährigen US-Renditen und die Renditen von Schweizer Obligationen sind um fast 30 Basispunkte gestiegen. Der Anstieg der Anleihenrenditen erstaunt, hat sich das globale Wirtschaftsumfeld im bisherigen Jahresverlauf doch für Anleihen von der freundlichen Seite gezeigt: Die Europäische Zentralbank begann diesen Frühling im Rahmen ihres Quantitative-Easing-Programms Staatsanleihen zu kaufen und die Konjunkturdaten in den USA haben bisher die Anleger enttäuscht.
Dennoch gibt es verschiedene Gründe für die die Turbulenzen an den Anleihenmärkten. Nach den schwachen US-Daten im ersten Quartal rechneten nur noch wenige Anleger mit einer Zinserhöhung durch die US-Zentralbank Fed in diesem Jahr. In den letzten Wochen haben jedoch wichtige Wirtschaftsindikatoren in den USA auf eine Beschleunigung der Konjunktur hingewiesen. So verbesserte sich beispielsweise die Situation auf dem US-Arbeitsmarkt markant und auch der Einzelhandel konnte im Mai deutlich zulegen. Damit dürfte für das Fed das Thema eines Zinsschrittes im Jahr 2015 plötzlich wieder ein ernsthaftes Thema sein.
In Europa verliert die Furcht vor einem Abgleiten Eurolands in eine Deflation – ein wichtiger Treiber für die Staatsanleihenankäufe der EZB – immer mehr an Bedeutung. Stimmungsindikatoren aus der Industrie deuten auf eine graduelle Erholung der Euro-Wirtschaft hin. Zuletzt haben auch die Konsumentenpreise eine Trendumkehr bei der Kerninflation angezeigt. Kommt hinzu, dass die EZB an ihrer letzten Sitzung die Bedeutung eines Zinsanstieges heruntergespielt hat. Das hat die Erwartungen gewisser Anleger, dass die EZB den Renditeanstieg mit einer Beschleunigung der Anleihenankäufen kontert, enttäuscht.
Wer den Anleihen letztendlich helfen könnte, ist Griechenland. Nicht nur die Anleihenmärkte sind in den perfekten Sturm geraten; auch die griechische Wirtschaft scheint auf einen Sturm zu zusteuern. Eine Entscheidung über die Zukunft des Landes rückt immer näher, aber es ist bislang noch nicht abzuschätzen, ob Griechenland ein weiteres Hilfspaket erhält oder ganz einfach Pleite geht. Von der steigenden Unsicherheit über das Schicksal Griechenlands dürften die als sicher geltenden Anleihen Deutschlands, der USA und der Schweiz in der kurzen Frist profitieren. Es ist jedoch fraglich, ob die Wirren in Griechenland auch mittelfristig den Anleihenmarkt unterstützen. Der Finanzmarkt hat sich in den letzten Monaten an den Gedanken gewöhnt, dass Griechenland vor dem Bankrott steht. Tritt dieser tatsächlich ein, dürfte die Unsicherheit nur von kurzer Dauer sein.
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