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Einsatzmöglichkeiten von ChatGPT in Finanzbranche - Ist der Hype um ChatGPT berechtigt?

von Pierre Drach, Finanzanalyst und Investor

Obwohl erst seit einigen Wochen zugänglich ist das – derzeit noch kostenlose – fortschrittliche NLP-Modell (Natural Language Processing) ChatGPT in aller Munde. Auch wenn das System zunächst wie ein einfacher Chatbot wirkt, sind die Einsatzmöglichkeiten sehr vielfältig und man kann davon ausgehen, dass ChatGPT und ähnliche Systeme auch im Finanzsektor erhebliche Erleichterungen und Einspareffekte generieren werden. Andererseits ist ein Personalrückgang bzw. Veränderung bei der Auswahl der Bewerber sehr wahrscheinlich. Der Entwickler von ChatGPT ist die Firma OpenAI, ein privates Unternehmen, das von Elon Musk, Sam Altman und weiteren Personen gegründet wurde. Microsoft, die bereits eng mit OpenAI verbunden sind, wird nach Angaben von Microsoft-Chef Satya Nadella eine langfristige „Multi-Milliarden-Dollar-Investition“ in OpenAI vornehmen.

Der Beginn der künstlichen Intelligenz (KI) reicht zurück in die 1950er-Jahre, als Wissenschaftler begannen, die Möglichkeiten von Computerprogrammen zu erforschen, die menschenähnliche Aufgaben ausführen können. Neben den auch aus Filmen bekannten britischen Mathematiker Alan Turing, der als Vater der modernen Computerwissenschaft gilt, waren das Massachusetts Institute of Technology (MIT) und das Stanford Research Institute führende Institutionen bei der Entwicklung von KI-Technologie. Ein bekanntes Ereignis, das KI ins Blickfeld der Öffentlichkeit brachte, war der Sieg des von IBM entwickelten Programms Deep Blue, das 1997 den Schachweltmeister Garry Kasparov schlug. Google und andere Technologiekonzerne haben in den letzten Jahren erhebliche Investitionen in die KI gemacht und wichtige Fortschritte in Bereichen wie Computervision und natürlicher Sprachverarbeitung erzielt.

ChatGPT ist ein fortgeschrittenes NLP-Modell, das auf großen Datenmengen trainiert wurde, um menschenähnliche Konversationen zu führen. Es unterscheidet sich von anderen AI-Tools und Chatbot-Systemen auf mehreren Arten. Nach bisherigen Erkenntnissen von Experten ist die Genauigkeit deutlich höher, was vor allem die Sprachqualität anbetrifft. Es ist in diversen Sprachen verwendbar und auch ein Wechsel der Sprachen innerhalb eines Chats ist kein Problem. Die Flexibilität ist sehr hoch, was den Einsatz in diversen Branchen erlaubt. ChatGPT hat zudem die Fähigkeit, natürliche Sprach-Outputs zu generieren, anstatt nur vorab trainierte Antworten zu geben. Das Trainieren mit großen Mengen an Textdaten ermöglicht es, ein breites Spektrum an Themen zu verstehen und darauf zu reagieren. Zudem ist das Tool bereits vorab trainiert und kann deshalb sofort eingesetzt werden – im Gegensatz zu anderen Systemen, die erst trainiert werden müssen. Bisher ist das System noch nicht in der Lage auf aktuelle Ereignisse zu reagieren, da Daten nach 2021 derzeit nicht eingepflegt sind und ChatGPT nicht auf das Internet, sondern nur auf die eigene Datenbank zugreift. Experten gehen aber davon aus, dass in absehbarer Zeit auch aktuelle Informationen verarbeitet werden können.

Zunächst wirken die aufgezählten Eigenschaften nicht revolutionär, andererseits sind die Ergebnisse in Tests, hierzu gibt es u.a. diverse YouTube-Videos, faszinierend. So kann ChatGPT auch komplizierte Fragestellungen aus Universitätsprüfungen in Bereichen wie Mathematik oder Informatik problemlos lösen. ChatGPT ist auch in der Lage in diversen Computersprachen zu programmieren und zum Beispiel Apps zu erstellen. Vom Schreiben von Textzusammenfassungen oder eigenständigen Artikeln über nahezu jedes Thema ganz abgesehen.

Zur besseren Kommunikation mit ChatGPT werden sogenannte Prompts als vorgegebene Eingabeaufforderungen oder Fragen verwendet. So ist es z.B. möglich, dem System die Information zu geben, dass man Experte in einem bestimmten Thema ist und eine detaillierte Antwort benötigt oder ein Kind und eine einführende Erläuterung möchte.

Natürlich gibt es auch einige Nachteile von KI-Systemen. Neben dem Fehlen aktueller Daten in der Datenbank erfordern komplexe und fortschrittliche Modelle erhebliche Ressourcen und Rechenleistung. Aufgrund der großen Datenmengen kann es Probleme bei Datenschutz- und Datensicherheit geben. Die KI-Systeme sind rein textbasiert und können nicht auf Körpersprache oder nonverbale Signale einer Person reagieren. Aufgrund der Eingabeinformationen kann es einen Bias enthalten – es ist somit wichtig, dafür zu sorgen, dass die Trainingsdaten divers und repräsentativ sind, um eine mögliche Verzerrung zu vermeiden. Nach dem Motto „garbage in, garbage out“ ergeben falsche oder unpräzise Fragen auch falsche Antworten.

Innerhalb der Finanzbranche ergeben sich diverse Einsatzmöglichkeiten von ChatGPT und vergleichbaren Systemen:

-  Finanzdatenanalyse: ChatGPT kann große Mengen an Finanzdaten analysieren und Prognosen über künftige Kursentwicklungen von Aktien, Währungen und anderen Finanzinstrumenten treffen.

-  Automatisierte Handelssysteme: ChatGPT kann verwendet werden, um automatisierte Handelssysteme zu entwickeln, die auf natürlicher Sprachverarbeitung basieren und somit in der Lage sind, große Mengen an Finanzdaten zu verarbeiten und Entscheidungen schneller und genauer zu treffen.

-  Finanzberichte und Nachrichten generieren: ChatGPT ist in der Lage Finanzberichte und Nachrichten schnell zu generieren und zu analysieren. Es kann auch verwendet werden, um die Stimmung in sozialen Medien zu analysieren und zukünftige Entwicklungen vorherzusagen.

Kundenservice: Man kann einen hervorragenden Chatbot für den Kundenservice entwickeln, der in der Lage ist, Fragen von Kunden schneller und präziser zu beantworten und Probleme zu lösen.

Finanzberatung: ChatGPT kann genutzt werden, um einen virtuellen Finanzberater zu entwickeln, der in der Lage ist, individuelle Finanzempfehlungen zu geben und Anlagestrategien zu entwickeln.

Man muss kein Prophet sein, um vorauszusehen, dass dies zu Personalabbau in der Finanzbranche bzw. dem Einsatz von Mitarbeitern mit veränderten Qualifikationen führen wird. Es ist wichtig zu beachten, dass sich ChatGPT, wie jedes andere künstliche Intelligenzsystem, ständig weiterentwickelt wird und dass weitere Anwendungsmöglichkeiten in der Finanzbranche und anderen Bereichen entstehen werden.


Pierre Drach ist Finanzanalyst und Investor. Er hat sich bereits Mitte der 1990er-Jahre intensiv mit künstlicher Intelligenz im Finanzsektor beschäftigt. Mit einem Informatiker, der in Deutschland eine der ersten Diplomarbeiten über neuronale Netze verfasst hatte, suchte er mehrere Jahre nach den optimalen Anwendungsmöglichkeiten bei der Aktienanalyse und der Portfoliooptimierung.

https://www.fixed-income.org/


 

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