Europa hat gestern die kurzfristige Zahlungsunfähigkeit Griechenlands abgewendet. Das Problem: Griechenland muss um jeden Preis die Wettbewerbsfähigkeit seiner Wirtschaft wiederbeleben. Ohne Wachstum bleibt ein nachhaltiger Schuldenabbau Wunschdenken. Die instabile politische Lage in Griechenland macht in diesem Zusammenhang wenig Hoffnung. Die positive Nachricht: Für Portugal und Irland dürfte sich die Situation bessern. Tristan Cooper, Analyst für Staatsanleihen bei Fidelity Worldwide Investment, kommentiert Europas Griechenlandpolitik:
"Nach der heutigen Entscheidung der Euro-Finanzminister kann man kaum optimistisch sein. Die gute Nachricht lautet: Eine unmittelbare unkontrollierte Zahlungsunfähigkeit Griechenlands am 20. März, dem Fälligkeitstag seiner Staatsanleihen, ist wohl abgewendet - vorausgesetzt die private Gläubigerbeteiligung wird abgeschlossen und das Paket rechtzeitig unterzeichnet. Gleichzeitig entsteht eine gewisse kurzfristige Absicherung für die Eurozone, damit diese ihre finanzielle Verteidigung bei einem Ausstieg Griechenlands verstärken kann.
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Die schlechte Nachricht lautet: Griechenlands Ausstieg aus dem Euro ist noch immer ein wahrscheinliches Endergebnis. Es gibt kaum Hinweise darauf, dass das Land den Fängen der ständig schlimmer werdenden Rezession entkommen kann. Ohne Wachstum bleibt ein nachhaltiger Staatsschuldenabbau aber Wunschdenken.
Griechenland muss um jeden Preis die Wettbewerbsfähigkeit seiner Wirtschaft wiederbeleben. Dennoch ist die interne Abwertung politisch und sozial nicht hinnehmbar. Leider ist Griechenland nicht mit Irland vergleichbar. Dort lässt eine vom Export getriebene Erholung hoffen. Obwohl die Exporte in Griechenland im Vorjahr um respektable 10 Prozent gewachsen sind, generieren sie nur ein Zehntel des Bruttoinlandsprodukts gegenüber 60 Prozent im Fall von Irland.
Ein erfolgreiches und in Griechenland akzeptables Rezept für die Konjunkturerholung auszustellen, ist eine enorme Aufgabe. Natürlich sind sich die europäischen Entscheidungsträger dessen bewusst, vor allem in den Ländern, die die Zeche bezahlen müssen. Sie sind zur weiteren Unterstützung gezwungen, da sie das Unbekannte fürchten - die Ansteckungswirkung eines Ausschlusses Griechenlands.
Ausstieg Griechenlands scheint verkraftbarer
Bisher bestand die Unterstützung Griechenlands in einer vergleichsweise preiswerten Form der Versicherung eines Sonderrisikos ("Tail Risk"). Einige hundert Milliarden Euro sind wenig Geld im Vergleich zu den befürchteten Kosten eines systemischen Finanzschocks, der durch den Ausstieg Griechenlands ausgelöst werden könnte. Doch diese Denkweise ändert sich jetzt. Da die Entscheidungsträger zunehmend auf die Widerstandsfähigkeit ihres Schutzwalles vertrauen und der Konjunkturtrend in der Eurozone klarer wird, steigt auch die Wahrscheinlichkeit, dass ein Ausstieg Griechenlands verdaut werden kann.
Jeder Quartalsbericht des Troika-Programms wird zu einem Brennpunkt für Konflikte werden und Europa die Möglichkeit bieten, den Stecker zu ziehen. Ein entscheidender Faktor wird der regelmäßig aktualisierte IWF-Bericht zur Beurteilung der Nachhaltigkeit des Schuldenabbaus sein. Die politische Lage in Griechenland nach der Wahl ist zudem äußerst ungewiss und die Aussichten auf eine stabile und handlungsfähige Regierung sind gering. Aus diesem Grund erwarte ich, dass die Wahrscheinlichkeit des Ausstiegs Griechenlands aus der Eurozone zum Jahresende hin zunimmt, wenn - und davon gehe ich derzeit aus - das Troika-Programm scheitert.
Bisher war die Marktreaktion auf den Griechenland-Vertrag verhalten, da viel davon bereits eingepreist ist. Die Aufmerksamkeit richtet sich nun auf Portugal und Irland, um festzustellen, ob diese Länder aus ihren Programmen mehr Zugeständnisse herausholen können. Ich halte das für wahrscheinlich: Griechenland lehrt, dass eine schnelle und erhebliche fiskalische Einschränkung nicht funktioniert. Daher dürften für Portugal nach dem derzeitigen Troika-Einsatz die Haushaltsziele gelockert werden. Irland dürfte sich einen preiswerteren Ersatz für seine teuren Schuldscheine besorgen können. Die Troika steht unter immensem Druck. Sie muss beweisen, dass ihre Wirtschaftsrezepte in Irland und Portugal erfolgreich sein können."
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