Seit der Änderung des Wertpapierprospektrechts im Jahr 2012 greift die Prospektpflicht bei Unternehmensanleihen erst bei Stückelungen von weniger als 100.000 Euro. Die Folgen sind deutlich erkennbar: Um die aufwändige Erstellung eines Wertpapierprospekts zu vermeiden, gaben in den vergangenen Jahren immer mehr Unternehmen neue Anleihen mit einer Stückelung von 100.000 Euro oder mehr heraus. Eine Auswertung der Börse Stuttgart zeigt, dass im Jahr 2014 nur 171 von insgesamt 770 in der Eurozone emittierten Corporate Bonds eine Stückelung unter 100.000 Euro aufwiesen. Das entspricht einem Anteil von 22 Prozent. Im Jahr 2015 wurden bisher 51 von 244 neuen Unternehmensanleihen mit einer Stückelung von weniger als 100.000 Euro begeben, also nur noch rund 21 Prozent. Zum Vergleich: Im Jahr 2010 wurden noch 88 Prozent der Unternehmensanleihen mit einer Stückelung unter 100.000 Euro emittiert. „Durch die aktuelle Regelung wird Privatanlegern der Zugang zu einer Vielzahl von Wertpapieren verwehrt, denn eine Mindestanlagesumme von 100.000 Euro ist für sie in der Regel nicht darstellbar. Bei einer solchen Stückelung lässt sich zudem eine angemessene Diversifizierung erst bei Depots in Millionenhöhe umsetzen“, sagt Michael Görgens, Leiter des Fonds- und Anleihenhandels an der Börse Stuttgart.
Indirekt befeuert die hohe Schwelle für die Prospektpflicht auch die sich weiter zuspitzende Liquiditätssituation am Anleihenmarkt. Da Privatanleger an der Börse immer weniger Anleihen mit einer Stückelung unter 100.000 Euro handeln können, verschieben sich noch mehr Preisfeststellungen in den außerbörslichen Bereich. Die Folgen sind nicht nur Intransparenz und Ungleichheit beim freien Zugang zu Preisinformationen für die Marktteilnehmer, sondern auch eine sinkende Gesamtmarktliquidität.
Im Februar 2015 hat die Europäische Kommission Konsultationen über ihre Prospektrichtlinie gestartet, um die Regelungen in den verschiedenen EU-Mitgliedsländern zu vereinheitlichen. In ihrer Stellungnahme im Rahmen der Konsultation fordert die Börse Stuttgart, die Schwelle für die Prospektpflicht bei Corporate Bonds auf 50.000 Euro zu senken. Dies würde dazu beitragen, den Zugang von Privatanlegern zum Anleihemarkt gegenüber institutionellen Investoren wieder zu verbessern.
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Unternehmensanleihen: Hohe Stückelung ist Einstiegshürde
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