Die Hylea Group, einer der weltweit größten Anbieter von Paranusskernen, ist durch politische Verwerfungen in Bolivien und die Corona-Pandemie in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Die Anleihe 2017/22 (ISIN DE000A19S801) muss daher restrukturiert werden. Am 28. Juni 2021 findet die Anleihegläubigerversammlung der Hylea Group in Frankfurt am Main statt. Die Gesellschaft schlägt vor, die Laufzeit der Anleihe um 7 Jahren, bis 2029, zu verlängern und den Kupon von 7,25% p.a. auf 4,25% p.a. zu reduzieren. CEO Aimé Hecker betont im Gespräch mit dem BOND MAGAZINE, dass das Geschäftsmodell von Hylea sehr nachhaltig ist und über 100 Jahre funktioniert hat. Er ist zuversichtlich, die Anleihe mit den neuen Konditionen voll bedient werden kann.
BOND MAGAZINE: Wie werden Paranüsse angebaut?
Hecker: Paranüsse sind nicht kultivierbar. Sie wachsen wild und nicht in Plantagen. Natürlich werden keinerlei Pestizide eingesetzt. Wir bezahlen die Bewohner vor Ort dafür, dass Sie die Nüsse sammeln und an uns liefern. Wir zahlen den Sammlern eine faire Vergütung und sind Fairtrade zertifiziert. Zudem arbeiten wir auch beispielsweise mit dem WWF in Projekten zum Schutz des Regenwalds zusammen, denn er ist für uns Lebensgrundlage und Herzenssache gleichermaßen.
Unsere Paranüsse können auch im weiteren Prozess bis zum Endverbraucher transparent und lückenlos zurückverfolgt werden.
BOND MAGAZINE: Weshalb ist Hylea in Schwierigkeiten geraten?
Hecker: Die Hylea Group S.A. hat 2017 eine Anleihe im Volumen von 20 Mio. Euro begeben. Die Anleihe wurde zwei Mal aufgestockt auf ein Volumen von 35 Mio. Euro. Mit dem Kapital haben wir die Expansion der Hylea-Gruppe vorangetrieben. Wir haben eine hochmoderne Fabrik in Bolivien gebaut – wahrscheinlich die modernste Fabrik der Branche. Und dann hat uns eine Reihe von Sondersituationen getroffen: Aufgrund besonderer Witterungsbedingungen zu der Zeit in Bolivien hat sich die Inbetriebnahme der Fabrik merklich verzögert. Als wir die Fabrik dann hochgefahren haben, kam es in Südamerika zu politischen Verwerfungen, durch die unsere Transportwege bis zum nächsten Seehafen in Chile merklich beeinträchtigt wurden. Anfang 2020 waren wir dann sehr zuversichtlich, dass das Jahr für uns sehr gut werden würde. Unsere Produkte sind aufgrund der nachhaltigen und ökologischen Produktion und ihres Beitrags zur gesunden Ernährung bei Verbrauchern gefragt.
Aber dann kam COVID-19. Es gab im März 2020 sehr strenge Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus in Südamerika. Es gab über mehrere Wochen Ausgangssperren und Grenzschließungen. Niemand wusste damals, wie es weitergeht. Die Paranusspreise sind deutlich gefallen. Ich hatte damals der Hoffnung, dass sich die Situation im zweiten Halbjahr 2020 normalisieren würde. Das war aber nicht der Fall. Wir sind 2020 den Verpflichtungen aus der Anleihe noch voll nachgekommen. Aber jetzt ist unsere Liquiditätssituation angespannt. Dies müssen wir in den Griff bekommen.
BOND MAGAZINE: Wie wollen Sie die Situation in den Griff bekommen?
Hecker: Wir haben unterschiedliche Maßnahmen ergriffen. Wir werden u.a. mit Factoringbanken zusammenarbeiten, um die Liquiditätssituation zu verbessern. Gleichzeitig werden wir uns noch stärker als bisher auf den Direktvertrieb unserer Paranüsse konzentrieren. Dieses Ziel hat bei uns hohe Priorität. Wir waren früher reiner Exporteur von Paranüssen und hatten Zahlungsziele von maximal 30 Tagen ab dem Tag, ab dem wir die Ware auf die Schiffe geliefert haben. Wir haben dann die Wertschöpfungskette erweitert, der Kapitalbedarf wurde größer und die Zahlungsströme sind viel später geflossen. In Verbindung mit den genannten externen Sondersituationen hat dies zu den aktuellen Engpässen in der Finanz- und Liquiditätssituation geführt.
BOND MAGAZINE: Wie hat sich das Geschäftsmodell genau geändert?
Hecker: Bevor wir die Internationalisierung vorangetrieben haben, haben wir Paranüsse gesammelt, produziert (geschält) und exportiert. Wir haben 2016 Hylea Foods in Köln gegründet, um die Distribution selbst in der Hand zu haben. Hylea Foods hat dann Endkunden und Packbetriebe in Europa gewonnen. Die Zahlungsziele haben sich mit der Ausweitung der Wertschöpfungskette deutlich verlängert. Wir sind sehr schnell gewachsen, haben unsere Wertschöpfungskette verlängert und dies hat mehr Kapital gebunden.
BOND MAGAZINE: Was wird sich im Finanzmanagement jetzt ändern?
Hecker: Wir wollen das Finanzmanagement noch professioneller aufstellen und sind gerade dabei, den Aufsichtsrat mit erfahrenen Experten aus dem Bereich Einzelhandel zu besetzen. Wir sind zudem auf der Suche nach einen CFO und sind auch schon in fortgeschrittenen Gesprächen.
BOND MAGAZINE: Sie haben die Jahresabschlüsse von 2019 und 2020 noch nicht veröffentlicht.
Hecker: Wir haben für 2019 vorläufige Zahlen veröffentlicht. Wir werden aber natürlich vor der Anleihegläubigerversammlung die testierten Abschlüsse für 2019 und 2020 veröffentlichen.
BOND MAGAZINE: Und wie wollen Sie die finanzielle Restrukturierung gestalten?
Hecker: Wir müssen in jedem Fall den Kupon der Anleihe reduzieren. Unser aktueller Vorschlag ist es, den Kupon von 7,25% p.a. auf 4,25% p.a. reduzieren und wir möchten die Laufzeit der Anleihe um 7 Jahre, also bis 2029 verlängern.
BOND MAGAZINE: O.k. Sie zahlen halbjährlich Zinsen. Ist die letzte Zinszahlung am 1. Juni erfolgt?
Hecker: Nein. Die Zinszahlung steht aus.
BOND MAGAZINE: Wie sind die Anleihebedingungen? Reicht es zeitlich noch, wenn die Anleihegläubiger der Reduktion der Zinsen zustimmen oder brennt bis dahin etwas an?
Hecker: Die Anleihebedingungen sehen vor, dass wir nach Einberufung der Gläubigerversammlung 120 Tage Zeit haben, um gemeinsam eine Lösung zu finden. Diesen Prozess haben wir nun gestartet.
BOND MAGAZINE: O.k., dann kann die Restrukturierung der Anleihe zeitlich funktionieren. Sie wollen die Anleihe verlängern und den Kupon reduzieren. Welchen Restrukturierungsbeitrag leisten Sie als Gesellschafter?
Hecker: Wir haben in den vergangenen Jahren keinerlei Gewinne ausgeschüttet. Das gesamte Vermögen unserer Familie steckt im Unternehmen, so dass wir mit allen anderen Stakeholdern in einem Boot sitzen.
BOND MAGAZINE: Sind Sie mit den neuen Konditionen in der Lage, die Anleihe zu bedienen?
Hecker: Es gab eine Reihe von Sondersituationen, also politische Verwerfungen, die Ausweitung des Geschäftsmodells, deutlich verlängerte Zahlungsziele und die Corona-Pandemie mit Ausgangssperren und geschlossenen Grenzen. Zuvor hat das Geschäftsmodell von Hylea über 100 Jahre funktioniert. Uns ist natürlich klar, dass wir am Kapitalmarkt „nur einen Schuss“ haben. 4,25% p.a. und eine Laufzeit bis 2029 verschaffen uns die nötige Luft und wir können Zins und Tilgung nach unseren Berechnungen erfüllen. Wir haben die Planungen mit unseren Beratern verifiziert.
BOND MAGAZINE: Ist ein „gemeinsamer Vertreter“ der Anleihegläubiger vorgesehen?
Hecker: Ja. Ich bin sehr glücklich, dass mit Gustav Meyer zu Schwabedissen ein ganz erfahrener und sehr renommierter Profi für diese Aufgabe zu Verfügung steht. Die Wahl des gemeinsamen Vertreters der Anleihegläubiger soll auf der Versammlung am 28. Juni erfolgen. Herr Meyer zu Schwabedissen hat die Restrukturierung zahlreicher Unternehmen und Anleihen begleitet und es wäre gut für die Anleihegläubiger und für Hylea, wenn er bei unserem Unternehmen ebenfalls die Maßnahmen begleitet. Unsere geplanten Schritte werden wir sehr intensiv mit dem gemeinsamen Vertreter der Gläubiger erörtern und auf dieser Basis eine finale Planung aufsetzen.
BOND MAGAZINE: In welchen Ländern sind Sie aktiv, planen Sie nach der Restrukturierung die Expansion in weitere Märkte?
Hecker: Wir sind sehr stark im deutschen Markt aktiv. Die DACH-Region ist der wichtigste Markt für Bioprodukte in Europa. Interessant ist zudem Frankreich, das die höchsten Wachstumsraten in diesem Segment aufweist. Hier können wir uns nach der Restrukturierung weiteres Wachstum vorstellen. Zunehmend gewinnt auch Asien für uns an Bedeutung. Dorthin liefern wir bereits sehr signifikante Mengen an Paranüssen und die Nachfrage entwickelt sich weiter positiv.
BOND MAGAZINE: Vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg.
Das Interview führte Christian Schiffmacher, www.fixed-income.org
Foto: Aimé Hecker, CEO © Hylea Group
„Das Geschäftsmodell von Hylea hat über 100 Jahre funktioniert“, Aimé Hecker, CEO, Hylea Group
Restrukturierung von Anleihen
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