In der Eurozone sind die Zinsen in den letzten Wochen weiter gesunken – so ist der Zinssatz der zweijährigen deutschen Bundesanleihen auf etwa minus 0,4 Prozent gefallen. Auch die Geldmarktzinsen sind gesunken. Grund für diese Bewegung ist die Erwartung, dass die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Geldpolitik weiter lockern wird, was ihr Präsident Mario Draghi auf der Sitzung im Oktober praktisch versprochen hatte.
Aber warum? Die aktuellen Daten für das Vertrauen ins Wirtschaftsklima sind so gut wie schon seit Jahren nicht mehr. Das Wirtschaftswachstum liegt bei etwa zwei Prozent und die Inflationsrate ist endlich auf dem Weg nach oben. Warum gerade jetzt eine weitere Lockerung? Hat die EZB den Verstand verloren?
Risiken türmen sich am Horizont
Nein! Die EZB handelt unserer Meinung nach völlig rational und richtig. Obwohl es derzeit scheint, als liefe es dank abnehmender Arbeitslosigkeit und positivem Wirtschaftswachstum gut, beginnen sich am Horizont Wolken zu zeigen. Es sind mehrere vorübergehende Faktoren, die im Moment das Wachstum noch antreiben. Niedrigere Ölpreise und ein schwächerer Euro sind hierfür die Hauptbeispiele. Doch dies sind eben vorübergehende Faktoren. Falls der Ölpreis nicht erneut stark fällt oder der Euro deutlich schwächer wird, erhält die Wirtschaft künftig nicht mehr diesen Rückenwind. Berücksichtigt man zudem die aktuellen geopolitischen Unsicherheiten sowie zusätzliche Sorgen über das Wirtschaftswachstum in den Schwellenländern, so zeichnet sich plötzlich ein Bild ab, das weniger rosig aussieht. Obwohl wir (und die EZB) auf die Wichtigkeit eines gesünderen Bankensystems als Stütze für das künftige Wachstum hingewiesen haben, gibt es ein deutliches Risiko für einen Rückgang des Wachstums im nächsten Jahr. Insbesondere dann, wenn die EZB untätig bleiben würde.
Weiter Weg zum Inflationsziel
Bei sinkenden Wachstumsraten wird es für die EZB schwerer, ihr Inflationsziel zu erreichen. Zusätzlich sollte man die Erfahrungen aus den USA berücksichtigen, wo die Wirtschaft nun schon im siebten Jahr in Folge wächst – im krassen Gegensatz zur Eurozone, wo nach mehreren Krisenjahren das Wachstum gerade erst wieder zunimmt. Zugleich ist die Inflation weiterhin immer noch nicht auf dem gewünschten Niveau. Somit wird es der EZB auch in absehbarer Zeit schwerfallen, ihr Inflationsziel zu erreichen. Und letztlich war die Inflation so lange so niedrig, dass die Gefahr besteht, dass sinkende Erwartungen an eine künftige Inflation zu sich selbst erfüllenden Prognosen werden.
EZB „lockert“ in dieser Woche – deutlich!
Anfang des Jahres erwarteten wir noch, dass die EZB ihre Geldpolitik erst wieder 2016 lockern würde. Nun rechnen wir damit, dass sie bereits bei der Sitzung am 3. Dezember die weiteren Lockerungen verkünden wird. Und darüber freuen wir uns. Denn dies zeigt das Bild einer Notenbank, die weitaus vorausschauender agiert als früher – zum Vorteil des Wirtschaftswachstums und der Finanzmärkte.
Die EZB wird also die Zinsen weiter in den negativen Bereich senken. Und sie verlängert ihr Anleihekaufprogramm.
Wir halten es außerdem für sehr wahrscheinlich, dass die EZB dieses Programm noch erweitert und konkretisieren wird, wie lange sie noch u. a. Staatsanleihen kaufen wird. Sie könnte beispielsweise Ziele angeben, wie weit die Arbeitslosigkeit zurückgehen müsste, damit sie ihre Käufe wieder einschränkt.
Gute Nachricht für europäische Aktien – Anleiherenditen haben Boden erreicht
Im Grunde genommen ist diese sehr lockere Geldpolitik eine gute Nachricht für europäische Aktien. Die Aktienkurse werden zudem infolge auch noch weiter ansteigen, wenn wir mit unserer Annahme einer weiteren deutlichen Lockerung durch die EZB Recht behalten.
Obwohl wir meinen, dass die EZB ihre Geldpolitik etwas mehr lockern wird als derzeit vom Anleihemarkt in die Kurse eingerechnet ist, glauben wir nicht, dass die Zinsen längerfristiger Anleihen noch sehr viel weiter fallen werden – unter anderem deswegen nicht, weil die aggressive Geldpolitik gut für das Wachstum ist und somit auf längere Sicht auch für die Inflation.
Insgesamt bestehen infolge der Lockerung der EZB also Aussichten auf weiterhin sehr niedrige Zinsen in der Eurozone und auf steigende Aktienkurse sowie hoffentlich auch auf ein weiterhin gutes Wirtschaftswachstum!
Über Danske Invest:
Danske Invest ist der Markenname für offene Investmentfonds des Danske Bank-Konzerns.
Das von Danske Invest verwaltete Vermögen beläuft sich zurzeit auf etwa EUR 80 Milliarden. Das Vermögen ist auf mehr als 425 Teilfonds aufgeteilt. Mit ihren Aktien- und Rentenfonds bietet Danske Invest eine breite Palette mit diversen Anlageschwerpunkten für private und institutionelle Anleger. Seit 2004 verfügt die Gesellschaft über eine Vertriebszulassung in Deutschland. Danske Invest arbeitet mit Anlagespezialisten und Vermögensverwaltern aus der ganzen Welt zusammen, um länder- und sektorenspezifisches Investment-Know-how anzubieten. Die Anleger kommen vorwiegend aus Skandinavien, den baltischen Staaten, der Republik Irland, Deutschland und Luxemburg.
von Bo Bejstrup Christensen, Chefanalytiker bei Danske Invest
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EZB: Warum gerade jetzt eine weitere Lockerung?
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